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Oder: der Anfang der Auslöschung des Programmkino-Universums

Hobby-Cineast*innen und Liebhaber*innen der lokalen Lichtspielhäuser aufgepasst. Ein neuer Stern am Kino-Universum ist aufgegangen: Cinfinity.

Der Name ist Programm. Ein Abonnement, das es dir ermöglicht, so oft du willst, Filmvorstellungen der deutschlandweit teilnehmenden Kinos zu besuchen. Du lädst die App herunter, schließt das Abo ab und von nun an dient dir die App als Eintrittsticket. Du kannst dir das Programm deines Lieblingskinos bequem darüber ansehen und dir direkt deinen Sitzplatz buchen. Fast zu schön, um wahr zu sein.  In Kiel sind das Studio Filmtheater, das Metro und das Kino in der Pumpe die funkelnden Sterne am Cinfinity-Firmament. Vielleicht eine adäquate Ergänzung oder gar Ersatz von aktuell inflationär genutzten Streaming-Anbietern?

Was sich so galaktisch gut anhört, ist für viele der teilnehmenden Kinos ein verzweifelt leiser Aufschrei nach Publikum und der gleichzeitige Versuch, die Kinoliebe bei potentiellen Besucher*innen in Form von finanziellen Anreizen zu wecken. Denn im Vergleich zum Vorjahr, brach der Umsatz der Kieler Kinos 2024 um minus 10,6 Prozent ein (Deutsche Filmförderanstalt). Damit belegt Kiel den traurigen zweiten Platz des stärksten Umsatzeinbruchs der bundesweiten Städte über 200 000 Einwohner*innen.

Doch wie konnte es soweit kommen, dass das Kino in Kiel (und nicht nur in Kiel) auf die Liste der aussterbenden Kulturinstitutionen und damit sich verflüchtigender Freizeitbeschäftigungen kam? Schmeißen wir den DeLorean an und reisen zurück in der Zeit.

Flux in die Vergangenheit 

Das allgemeine Kinosterben in Kiel lässt sich auf Mitte der 90er zurückdatieren. Eigentlich fing es schon damit an, als 1980 die Universum Film AG (Ufa) – ich empfinde den Namen als thematisch äußerst treffend, da wir uns gerade mit dem unendlichen Filmuniversum auseinandersetzen – die damaligen kommunalen Kinos Metro, Studio, Brücke, Regina und das Central aufkaufte. In den folgenden Jahren wurde erfolgreich konkurrenzgekämpft, das Verlängern von Pachtverträgen verschlafen, heruntergewirtschaftet. Zu allem Überfluss eröffnete im März 1995 das seinerzeit vierte CineMaxX Deutschlands in Kiel. Das kommerzielle Massenkino des zu jener Zeit beginnenden Flebbes-Imperiums führte die alteingesessenen ›Schachtelkinos‹ in Sachen Anzahl der Säle, Qualität der Bestuhlung, technischen Finessen des Soundsystems und durch die Fokussierung auf Hollywood Blockbuster der Länge nach vor und lief ihnen zeitgleich den Rang ab (Infomedia SH).

In der Folge schloss die Ufa zuerst das Regina in der Holtenauer Straße (1990), dann das Central (1996), anschließend das Metro (1996), dann die Brücke (1998) und schließlich, Ende des Jahres 1998, das Studio.

Heute bleiben nach Wieder- bzw. Neueröffnungen das Kino in der Pumpe – das 1979 unter dem Namen Kommunales Kino (KoKi) eröffnet wurde –, das Metro, Studio, Traumkino und wen wundert’s: das kolossaleCinemaxX übrig.

Gefahr durch Abo-Asteroiden

Es ist mehr als fraglich, ob Kino-Abos – wie Cineville, CinoAbo3, Yorck-Abo oder Cinfinity – zum Erhalt von Deutschlands Independent Kinos beitragen oder diese nicht vollends zerstören werden. Bei einem durchschnittlichen Preis von knapp 14 Euro, wachsenden Leihgebühren für Filme, Strom- und Lebensmittelpreisen sowie exorbitant rasant steigenden Mieten, lässt sich kaum vorstellen, wie viel davon letztendlich bei den Kinobetreiber*innen ankommt. Zudem ist es utopisch, dass die Kino-Abos dem allgemeinen Streaming-Trend entgegenwirken und somit die Bildmaterialkonsumierenden aus ihren privaten Behausungen und in gemeinschaftlich genutzte Vorführsäle locken werden. Die Rettung der Programmkinos und Arthouse-Filmtheater unserer Herzen steht damit in den Sternen.

Um es mit den Worten Cinfinitys zu sagen: »Mögen die Kinos mit dir sein…«. Die Frage ist nur, wie so oft: Wie. Vielleicht dann eher: Liebes Programmkino, »Ich halte dich fest – ich lasse nicht los.«

Chiara studiert seit dem Wintersemester 23/24 Psychologie im Master. Seit dem Sommersemester 2024 ist sie Teil der ALBRECHT-Redaktion und des Social Media Teams.

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