Ergonomisches Arbeiten in der UB
Studierendengesundheit – was war das nochmal?
Es ist zehn nach neun und die Universitätsbibliothek ist bereits voll. Die Klausurenphase geht bald los und alle suchen verzweifelt nach einem Platz. Die beliebten Plätze sind meistens direkt belegt und das wohl auch für die nächsten acht Stunden. Mein Blick wandert über die Studierenden: Einige starren konzentriert auf ihre Laptops, andere schauen gedankenverloren aus dem Fenster oder schreiben hektisch in ihre Blöcke. Eines haben viele von ihnen gemeinsam: die typische ‚Shrimp-Haltung’– sie hängen nach Tagen des Lernens und Schaffens krumm über ihren Schreibtischen.
Hilfreich sind da Stehtische oder sogar höhenverstellbare Tische. Viele versprechen sich davon Vorteile für die Gesundheit. Stehtische in der Unibib sind zwar vorhanden, aber in viel zu geringer Anzahl. Die Möglichkeit für Studierende flexibel zwischen verschiedenen Arbeitspositionen zu wechseln, könnte unsere Gesundheit deutlich fördern und für spürbare Entlastung sorgen – ein Ansatz, der im Gespräch mit Prof. Dr. med. Burkhard Weisser, Sportmediziner des Sportinstituts der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, diskutiert wurde.
Studierendengesundheit aus dem Blickwinkel eines Sportmediziners der CAU zu Kiel
»Sitzen ist das neue Rauchen.« Dieser Satz wurde im Zusammenhang mit verschiedenen Krankheiten genannt, die auf Bewegungsmangel zurückzuführen sind, denn Sitzen fördert unter anderem Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Darum gibt es in Unternehmen für ihre Angestellten bewegte Pausen, Business-Yoga und höhenverstellbare Tische, damit das Arbeiten sitzend und stehend vollbracht werden kann, wenn sie denn am Schreibtisch stattfindet.
Trotz des Klischees, dass Studierende jung sind und viel Zeit für sportlichen Ausgleich haben, wird ihre Gesundheit nicht priorisiert und oft übersehen. Es gibt zwar eine Handvoll höhenverstellbare Tische, aber diese sind auf die gesamten Studierenden gesehen, nicht annähernd genug. Seit dem Umbau wurden auch ein paar höhere Tische in den Gruppenarbeitsraum gestellt, nur sind diese nicht für jede Körpergröße geeignet. Die höhenverstellbaren Aufsätze für die Tische wären daher ein Mehrwert für viele Studierende.
»Höhenverstellbare Tische können eine effektive Gesundheitsmaßnahme sein,« erklärte Prof. Dr. med. Burkhard Weisser. »Es gibt Hinweise darauf, dass durch Positionswechsel und Arbeit im Stehen der Kreislauf aktiviert wird und möglicherweise auch die Konzentration steigt. Deshalb ergeben nicht nur Stehtische, sondern gerade auch Hubtische mit flexibel einstellbaren Höhen, Sinn.«
Er merkt an, dass die Gesundheitsrisiken einer überwiegend sitzenden Tätigkeit sich trotz ausreichend Sport halten und daher schwer reduzierbar sind. Die Auswirkung nach Dr. Weisser sind die Verkürzungen der Hüftbeugemuskulatur, was zu Fehlhaltungen und meist auch Rückenschmerzen führen kann.
Stehtischdisaster
Eine Studentin kam auf uns zu und erzählte von ihrem Erlebnis in der Universitätsbibliothek, wo sie zum Ende des Sommers diesen Jahres ihre Abschlussarbeit schrieb. Als gesundheitsbewusste Studentin, wechselt sie gerne die Position von sitzend zu stehend. Vor einigen Jahren habe es wohl einen eher unscheinbaren Aushang gegeben, dass in der Unibibliothek eine Höhenanpassung für Schreibtische ausgeliehen werden könne, erinnerte sie sich. Diese wurden der Christian-Albrechts-Universität von dem Anbieter EY Talent Community als Werbegeschenk zur Verfügung gestellt. Sie fragte direkt nach, ob sie sich einen ausleihen dürfte. Darauf kam leider keine positive Rückmeldung: Der Mehraufwand wäre zu groß und überhaupt gebe es keinen Platz oder Kapazitäten dafür. Es wurde darauf hingewiesen, dass es doch Hochtische im Gruppenarbeitsbereich gebe. Jedoch sind diese nicht für jede Körpergröße geeignet. Man teilte ihr mit, dass sie eine Ausnahme machen würden – sie dürfe sich einen Aufsatz ausleihen, aber nur unter der Bedingung, dass sie ihn regelmäßig, am besten täglich, benutze. Zudem seien die neuen Tische dafür nicht geeignet, daher solle sie den Aufsatz ausschließlich auf den alten Tischen verwenden.
Diese extrem ‘unkomplizierte’ Nutzbarkeit der Tische führt dazu, dass sie niemand ausleiht, geschweige denn, darüber überhaupt Bescheid weiß. Ohnehin seien nur noch eine Handvoll sperrige Höhenanpassungen ausleihbar. Aber was ist mit dem Rest passiert?
Aus weiteren Gesprächen und Nachfragen mit der Unibib kam leider heraus, dass die Aufsätze schwer und unhandlich seien und aufgrund des Mehraufwandes, der für die Mitarbeiter*innen nicht tragbar sei, nicht zum Ausleihen zur Verfügung stehen würden. Es wurde nochmals darauf hingewiesen, dass es Hochtische und eine Anzahl höhenverstellbarer Arbeitsplätze bereits gibt. Leider konnte nicht beantwortet werden, wo die restlichen Aufsätze denn entsorgt wurden.
Also selbst wenn kein Stehtisch ergattert werden kann für deine nächste Lern-/Arbeitssession: ab und zu aufstehen nicht vergessen!
Isabella studiert seit dem Wintersemester 23/24 Sportwissenschaft im Master. Seit dem Sommersemester 2024 ist sie beim ALBRECHT.