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Strauß’scher Welterfolg Die Fledermaus in der Kieler Oper: Vorab-Eindruck von der Generalprobe

Die Gläser klirren, die Stimmung ist ausgelassen und feucht-fröhlich – ein Hauch Wiener Dekadenz zieht in das Kieler Opernhaus ein. Wer die ersten Wochen des neuen Semesters nach zahlreichen Partys und Feiern hinter sich lassen oder den Silvesterabend besonders stilvoll ausklingen lassen möchte, findet in der neuen Produktion des Kieler Opernhauses genau die richtige Gelegenheit. Unter der Regie des Generalintendanten Daniel Karasek bringt das Ensemble die berühmte Operette Die Fledermaus von Johann Strauß auf die Bühne – ein Werk, das bis heute mit sprühender Leichtigkeit und feinem Humor die Risse bürgerlicher Fassaden und die Untiefen des ehelichen Glücks bloßlegt. Getreu dem Motto »Nur der Champagner hat’s verschuldet!« erweist sich die Operette als ebenso heiter wie tiefsinnig und schickt die Zuschauer*innen auf eine musikalische Reise voller Witz und Ironie.

Noch gibt er sich als französischer Marquis aus: Michael Müller-Kasztelan als Gabriel von Eisenstein. Ob die Maskerade bald zerfällt? | © Olaf Struck

Seit ihrer Uraufführung im Jahr 1874 gehört Die Fledermaus zu den meistgespielten Werken der Operettenwelt und vereint die unsterbliche Musik von Johann Strauß mit einem ebenso pointierten wie amüsanten Libretto von Richard Genée und Karl Haffner. Im Mittelpunkt der Geschichte steht Gabriel von Eisenstein (gespielt von Michael Müller-Kasztelan), ein wohlhabender Lebemann, der seinem Freund Dr. Falke (Samuel Chan) einst nach einem ausgelassenen Maskenball einen üblen Streich spielte. Verkleidet als Fledermaus und heillos betrunken wurde Falke von Eisenstein aufs Land gefahren und dort sich selbst überlassen. Im Morgenlicht musste er den langen Weg zurück nach Wien antreten, nur um von neugierigen Blicken und Spott begleitet zu werden. Seit diesem Vorfall trägt er den Spitznamen ›Dr. Fledermaus‹ und sinnt auf eine gebührende Rache an seinem Freund. Mit Unterstützung aus Eisensteins Umfeld, insbesondere aus der Wiener Oberschicht, plant er eine List, die in einem rauschenden Fest beim exzentrischen Prinzen Orlofsky (in der Generalprobe dargestellt von Tatia Jibladze) gipfeln wird. Der Opernchor (Leitung: Gerald Krammer) und ein hervorragendes Ensemble von Solist*innen und Tänzer*innen füllen mit einer Choreografie von Daniel Morales Pérez die Bühne mit Leben und entfesseln den vollen Zauber einer mondänen Wiener Feier, bei der die Funken sprühen und mancher Gast über sich hinauswächst.

Dick aufgetragen und Erwartungen erfüllt 

Besonders eindrucksvoll ist die Bühnen- und Kostümgestaltung: Lars Peter und Claudia Spielmann schaffen mit ihren Designs eine schillernde, dynamische Szenerie, die sowohl die Pracht als auch die Abgründigkeit der Geschichte widerspiegelt. Die Bühne funkelt, blitzt und lädt dazu ein, in die verschiedenen Welten der Operette einzutauchen – von prächtigen Ballsälen bis hin zum Gefängnistrakt. Die technischen Möglichkeiten der Opernbühne werden dabei, auch gerade am Lichtpult von George Tellos ausgereizt, um die Zuschauer*innen in eine berauschende Welt zu entführen. 

Voll bis zum Überlaufen: Ks. Jörg Sabrowski als Gefängnisdirektor Frank und Yvonne Ruprecht als Wärterin Frosch | © Olaf Struck

Die Solist*innen glänzen in ihren Rollen: Agnieszka Hauzer und Michael Müller-Kasztelan verkörpern das Ehepaar Eisenstein mit großer Spielfreude und beeindruckender stimmlicher Präsenz. Hauzers klarer Sopran schwingt sich auch in der dichtesten Party-Stimmung mühelos empor, während Müller-Kasztelan in der Rolle des vermeintlichen französischen Marquis sein komödiantisches Talent unter Beweis stellt. Konrad Furian buhlt mit seinem bestechenden hohen C als Liebhaber Alfred um Rosalindes Hand. Xenia Cumento darf als Kammerzofe Adele für eine Nacht aus ihrem tristen Alltag bei den Eisensteins ausbrechen und den Ballgästen den Kopf verdrehen. Ein besonderes Highlight ist der dritte Akt, in dem die Schauspielerin Yvonne Ruprecht als Gefängniswärterin Frosch brilliert. Ohne selbst an der rauschenden Feier in Orlofskys Villa teilgenommen zu haben, hat sie sich dennoch den Freuden des Alkohols hingegeben. Da wird auch schon mal die ›vierte Wand‹ durchbrochen und mit dem »Oberpinguin«, Dirigenten Chenglin Li, ein Pläuschchen gehalten. Der Flachwitz-Wettstreit zwischen Kammersänger Jörg Sabrowski als Gefängnisdirektor und Eisenstein auf Pseudo-Französisch sorgt für ausgiebige Lacher und ist ein Beispiel dafür, wie die Inszenierung den feinsinnigen Witz der Operette gekonnt auf die Bühne bringt. 

Das Kieler Opernhaus zeigt mit Die Fledermaus nicht nur die Leichtigkeit und das musikalische Können, sondern auch die gesellschaftskritische Schärfe, die sich hinter den glänzenden Fassaden verbirgt. Hier wird die Operette zu einem rauschenden Fest, bei dem der Champagner in Strömen fließt, die sozialen Hierarchien verschwimmen und das Streben nach Freiheit und Glück auf humorvolle Weise infrage gestellt wird. Die funkelnden Sterne über dem Wiener Nachthimmel stehen also bestens für eine erfolgreiche zweite Premiere der Spielzeit.


Wer sich diesen unterhaltsamen und zeitlosen Opernabend nicht entgehen lassen möchte, sollte sich beeilen, noch Karten für die Premiere am Samstag, den 9. November, zu ergattern. Weitere Vorstellungen finden sich unter anderem am Silvesterabend auf dem Spielplan. Und für Studierende besonders attraktiv: Ab drei Tagen vor der Vorstellung ist der Eintritt mit dem Kulturticket sogar kostenlos!

Chefredakteur

Finn ist seit Februar 2024 Chefredakteur des ALBRECHTs. Zuvor hat er ein Jahr lang das Kulturressort geleitet. Für unser Blatt sitzt er häufig in der Oper, im Theater oder im Konzertsaal. Er studiert Englisch und Geographie auf Lehramt und ist seit dem WiSe 22/23 Teil der Redaktion.

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