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Petitionsausschuss im Landtag und Boykott der Studien-Info-Tage 

Die schwarz-grüne Landesregierung in Schleswig-Holstein hat die Segel gesetzt, volle Fahrt voraus Richtung Sparkurs, eine klaffende Haushaltslücke muss gefüllt werden. Ausgerechnet Studierende, die zu mehr als einem Drittel armutsgefährdet sind (sogar rund drei Viertel bei denjenigen, die allein oder mit anderen Studierenden wohnen), sollen spätestens ab 2026 deswegen, wie es offiziell heißt, einen Verwaltungskostenbeitrag in Höhe von 60 Euro pro Semester leisten.  

Landesregierung erklärt sich  

Dagegen hat sich in der Studierendenschaft schnell Widerstand gebildet. Mitte Januar gab es vor dem Landeshaus lautstarken Protest, rund 1 500 Menschen waren gekommen, und eine Petition zum Stopp der Beiträge wurde gestartet. Innerhalb von nur 24 Stunden hatte diese die 2 000-Unterschriften-Marke übertroffen und war deswegen am Dienstag Thema im Petitionsausschuss des Landtages. Staatssekretär des Bildungsministerium Guido Wendt (CDU) hat dem Initiator der Petition, Yorik Hansen und dem Mitglied des AStA-Vorstands Fritz Herkenhoff sowie Landtagsabgeordneten Rede und Antwort gestanden. Die Mehrbelastung der Studierenden würde nicht die Verwaltungskosten decken, weshalb es sich eben um einen Beitrag und keine Gebühr handle, erklärt Wendt in seinen Ausführungen. Schleswig-Holstein folge anderen Bundesländern mit dieser Maßnahme und die Landesregierung habe außerdem etwa eine Eigenkapitalerhöhung für das Studierendenwerk für den Wohnheimbau auf den Weg gebracht. Doch Wendts Kernaussage ist folgende: Auch die Studierenden müssen in angespannten Haushaltslagen einen »solidarischen« Beitrag leisten. 

Abgeordnete von FDP und SPD üben scharfe Kritik 

Heiner Garg von der FDP, die in der Vergangenheit nicht unbedingt als Gegnerin von Sparpolitik auf sich aufmerksam gemacht hat, stellt diese Haltung in Frage. Es handle sich klar um eine politische Schwerpunktsetzung der Landesregierung, der die Studierenden zum Opfer fallen. Auch SPD-Landtagsabgeordnete Birgit Herdejürgen macht klar, dass sie eine angebliche Alternativlosigkeit der Maßnahme nicht teilt und fragt, mit kleinem Wink auf die Bundesdebatte von Schuldenbremsenreform und Sondervermögen, ob bei entspannterer Haushaltslage auch wieder alle entlastet werden würden.  

Die Abgeordnete Ulrike Täck von den Grünen, Juniorpartnerin in der Landesregierung, hat im Ausschuss Verständnis für die Konsolidierungen geäußert, aber für mehr Transparenz plädiert.  

Angespanntes Verhältnis zwischen Studierendenschaft und Universitätsleitung 

Parallel zum Petitionsausschuss sind wenige Kilometer entfernt an der CAU die Studien-Info-Tage gestartet, die mit Vorträgen und Info-Messe besonders Schüler*innen Einblicke rund um das Thema Studium bieten soll. Normalweise auch mit Informationsangeboten der Fachschaften, viele von ihnen boykottieren allerdings die dreitägige Veranstaltung dieses Jahr, aus Protest gegen den Verwaltungskostenbeitrag. Dem war ein offener Brief der Fachschaftsvertretungskonferenz (FVK), einem Austauschgremium aller Fachschaften der CAU, vorausgegangen. Eine klare Forderung wurde gestellt: Das Präsidium der CAU sollte sich mit den Studierenden solidarisieren, sonst wird die FVK den Boykott der Info-Tage empfehlen. Die CAU-Führung sprach laut Kieler Nachrichten von »Erpressung« und ist der Forderung nicht nachgegangen. Gesagt, getan, wird die Veranstaltung nun boykottiert.  

Angesprochen auf die Aussage der Uni sagen die FVK-Koordination und das Fachschaftsreferat des AStAs:

»Dass das Präsidium von einer ›Erpressung‹ spricht, können wir nicht nachvollziehen. Nach mehreren Gesprächen und Aufforderungen möchte sich das Präsidium noch immer nicht mit den Studierenden solidarisieren, obwohl dies der Senat schon getan hat. Viel mehr sehen wir es bedenklich, dass das freizeitliche und ehrenamtliche Engagement von Studierenden für derart selbstverständlich gesehen wird.«

So hätten im vergangenen Jahr bei den Info-Tagen die Freiwilligen der Fachschaften für ihr Engagement, das gerne mal den ganzen Tag andauert, einen Gutschein über 10 Euro als Dank erhalten. Es gehe dabei aber nicht um den finanziellen Aspekt, sondern dass das Präsidium sie in ihrem Protest gegen die Mehrbelastung von Studierenden nicht den Rücken stärkt, sich dann aber wundern würde, wenn freiwilliges Engagement wegfällt. Außerdem wird betont, dass dem Präsidium vor Veröffentlichung des offenen Briefes eine Woche Zeit für eine Reaktion gegeben wurde.  

Auch die Fachschaft der Informatik spricht in einem Statement von einem angespannten Verhältnis zwischen Universitätsleitung und Studierendenschaft, konstatiert dabei, »dass die Universität ehrenamtliche Arbeit der Fachschaften unserer Ansicht nach nicht ausreichend wertschätzt.« 

Die Fachschaft SoPo (Soziologie/Politikwissenschaft) erklärt: »Studierende leiden sowieso schon überproportional unter steigenden Preisen von Mieten und Lebensmitteln sowie unter unzuverlässiger Finanzierung. Das Geld für die Haushaltslücke gibt es, das zeigen Investitionen in Militär und Entlastungen für die sowieso schon Reichen.« 

Doch nicht alle Fachschaften bleiben den Studien-Info-Tagen fern. Unter anderem hat die Jura-Fachschaft nach interner Abstimmung entschieden, dass ein Boykott gegenüber studieninteressierter Schüler*innen unfair wäre. Die Geowissenschaften wiederum würden als Nischenstudiengang nicht auf die Werbung verzichten können.  

Ressortleitung Hochschule

Jesse ist 22 Jahre alt und studiert Sozio-Ökonomik an der CAU. Seit dem Sommersemester 2022 schreibt er für den ALBRECHT. Mittlerweile leitet er das Hochschulressort.

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