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Alles neu und doch vertraut: Auf Mia Morgans zweitem Album Silber erinnert noch wenig an ihr Debüt-Album FLEISCH. Weg von Indie-Chic und Coming-of-Age-Story zu einem ganz eigenen Mix von Metal, Indie-Rock und Hyperpop, welchen sie gut auf dem Album zusammenfügt. 

Dabei bleibt sich die Kasslerin treu, den eigenen Weg finden und sich nicht an den immergleichen Indie-Pop-Sound klammern. Auf dem, von Lukas Korn (Lyschko) produzierten, Album lassen sich die musikalischen Rockvergangenheiten aller Bandmitglieder*innen hören. Der Sprung zum brachialen Sound ist auch nichts Überraschendes. Während sie noch mit dem Vorgängeralbum FLEISCH über die Bühnen des Landes tourte, spielte sie schon immer die Rockversionen ihrer Songs. 

Der nächste Schritt

Thematisch hat Mia Morgan sich auf Silber auch voran bewegt. Während sie auf Fleisch vor allem über ihre Zeit, Gefühle und Probleme als junge Erwachsene singt, haben sich die Themen mit dem Älter werden geändert. Angekommen in einer männerdominierten Musikszene, drehen sich die Texte um ungerechte Behandlung, das Patriarchat und die Wut, die damit einhergeht. Nirgendwo auf dem Album lässt sich das so gut hören wie auf den beiden Tracks Silbertablett und (spielen mit den großen) Jungs. Der erste Song dreht sich vor allem um eins: Neid.  Spielerisch leicht scheint es für die Anderen zu sein, jedes noch so hoch gesetzte Ziel zu erreichen, während man selbst alles gibt und am Ende leer ausgeht. Wie leicht es für männliche Künstler ist, in der Musikbranche stattzufinden, verarbeitet Mia Morgan in (spielen mit den großen) Jungs. »Ich will nicht mehr lächeln und so tun als hätt‘ ich keine Lust darauf den Herren die Paläste zu beschmutzen«, singt sie über die Männerdomäne. Während FLINTA*-Artists noch immer Probleme haben stattzufinden, haben es Männer unendlich leichter. Probleme auf die viele Artists wie Mia Morgan und Blond immer wieder aufmerksam machen. 

Alles wofür ich mich massakriere im Dreck, kriegst du serviert auf einem silbernen Tablett

Mia Morgan auf silbertablett

Ich wär lieber ein Sohn oder die Mutter meiner Mutter, ich hätte euch so gern vor so viel Schmerz bewahrt

Mia Morgan auf VaterMutterTochter

In der zweiten Hälfte des Albums wird es etwas ruhiger. Auf Gift überwiegt der 80er-Synthpop und lässt Fans an ihre Debüt-Ep Gruftpop denken. Thematisch drehen sich Gift, Flügel voller Teer und Mitten in den Massen um (toxische) Liebe, Verlust und die Leere, die eine Fernbeziehung hervorrufen kann. Alles scheint wie eine Vorbereitung auf einen der besten Tracks, der fast bis zum Ende auf sich warten lässt. In VaterMutterTocher wird Mia Morgan nochmal sehr persönlich. Was erwarten die eigenen Eltern von einem? Und was kann ich davon selbst erfüllen? Ein Song über Rollenbilder, die Erwartungen an die Tochter und die Schmerzen und Ängste, die für beide Seiten daraus entstehen, an denen man kaputtgehen kann. 

Mit echo gelingt Mia Morgan dann ein stimmiges Outro. Wie stark ist der Drang dazuzugehören und wie sehr verliert man sich selbst beim Versuch, anderen zu gefallen? Die Antwort auf die Frage scheint sie gefunden zu haben. Denn wenig erinnert auf dem Album an ein sich Einreihen und so wenig Anecken wie möglich.  

»Nämlich einmal diesen verkrampften Wunsch, etwas zu machen, was wirklich alle gut finden, aber gleichzeitig einen sehr eigenen Sound zu haben, der eigentlich ausschließt, dass alle das gut finden. Das hat sich negativ auf das Album selbst und auf die Zeit während FLEISCH ausgewirkt.«, sagte Mia Morgan in einem Interview mit Edition F. Silber ist ein Album, was nicht allen gefallen wird und soll, sondern stattdessen eines, dass ihr selbst gefällt. 

Mit Silber hat Mia Morgan einiges gewagt, was sich zum Schluss aber auszahlt. Der neue Sound passt zu ihr und lässt wenig vermissen. Ein gelungener Mix aus hittigen Refrains und Songs zum Abgehen. Alte Fans, wie auch Neulinge werden auf dem Album neue Lieblingssongs finden, die den Sommer hoch und runter laufen werden.  

Top-Pick: VaterMutterTochter und  (spielen mit den großen) Jungs

7 von 10 Silbersternen 

Stellv. Chefredakteur und Layouter

Joschka studiert seit dem Wintersemester 20/21 Soziologie und Politikwissenschaft und ist seit Ende 2022 Teil des Albrechtsteams. Dazu leitet er seit dem März 2023 das Layoutteam und ist seit Februar 2024 stellvertretende Chefredaktion.

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