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Chanukka – das jüdische Lichterfest

Dezember: für die meisten ist das die Zeit im Jahr, in der Glühwein auf Weihnachtsmärkten getrunken wird, an Heiligabend die Familien besucht werden und das christliche Weihnachten gefeiert wird. Zumindest für 81 Prozent der Deutschen, wenn man Statista fragt. Für die restlichen 19 Prozent sieht der Dezember anders aus, denn die jüdische Gemeinschaft Deutschlands feiert Chanukka. 

Die Geschichte hinter Chanukka 

Im zweiten Jahrhundert vor Christus war Israel Teil des antiken Griechenlands, dessen polytheistische Religion mit mehreren Göttern wie Zeus und Poseidon dem monotheistischen Judentum gegenüberstand. Während beide Religionen lange nebeneinander existierten, verschärfte sich ein religiöser Konflikt, als polytheistische Gläubige das Judentum verhöhnten und unterdrückten.  

Dies führte zu jüdischen Widerstandsbewegungen wie den Makkabäern, die gegen die Einschränkung ihres Glaubens kämpften. Sie kämpften gegen diejenigen, die nach und nach systematisch versuchten, ihre Religion und Lebenswelt einzuschränken und zu verbieten. Ein zentrales Symbol war der Tempel in Jerusalem, der einzige geweihte Ort für jüdische Gottesdienste. Polytheisten versuchten, den Tempel Zeus zu widmen, was die Makkabäer zu verhindern suchten. Die Makkabäer kämpften dafür, den Tempel in Jerusalem und somit auch ihren Glauben zu erhalten, und haben sich schließlich gegen die Unterdrücker durchgesetzt.  

Nach ihrem Sieg wollten sie den Tempel wiedereinweihen, benötigten dafür jedoch koscheres Öl, welches es aufgrund der Konflikte nicht mehr gab. Eine kleine Menge Öl wurde auf wundersame Weise tief verborgen im Tempel gefunden – eigentlich nur genug für einen Tag, doch das Licht hielt durch ein weiteres Wunder acht Tage, bis genügend neues Öl hergestellt war. Dieses Wunder und der Einsatz der Makkabäer werden als entscheidend für den Erhalt des Judentums angesehen. Es wird gesagt, dass wenn es das alles nicht gegeben hätte, die jüdische Kultur heute nicht mehr existieren würde. 

Die Geschichte heute 

Der Tempel, in dem die Makkabäer das Wunder erlebten, existiert nicht mehr. Nach zweimaliger Zerstörung ist die Klagemauer der letzte Überrest des heiligen Tempels und heute die zentralste jüdische Pilgerstätte. Heutige Synagogen erinnern weltweit mit ihrem Baustil an den Tempel in Jerusalem. Und die Makkabäer leben auch im heutigen Leben fort: Vereine, die sich mit jüdischer Geschichte identifizieren, tragen ihren Namen, etwa der israelische Fußballclub Maccabi Tel Aviv.  

Jüdische Feiertage, wie Chanukka, orientieren sich am Mondkalender und fallen jedes Jahr auf ein anderes Datum. Isabel erzählt mir am Telefon, dass das nächste Chanukka vom 25. Dezember 2024 bis zum 2. Januar 2025 stattfindet. Sie ist Jüdin und lebt mit ihren Eltern in Kiel. Das Fest ist etwas anders als die anderen Feste im Judentum. Es ist von Jüdinnen*Juden und es geht vor allem um das Gedenken an die Makkabäer. Es ist nicht von Gott – das bedeutet, es ist keine Mitzwa (kein Gebot), Chanukka zu feiern, jedoch mehr oder weniger gesellschaftlich gegeben. Am wichtigsten ist an Chanukka, die Kerzen auf dem Kerzenleuchter, Chanukkia, anzuzünden. 

Lichterfest 

Chanukka wird wegen der Kerzen auch das Lichterfest genannt; nach Sonnenuntergang wird am Abend des ersten Tages von Chanukka als erstes die Dienerkerze gezündet. Die Dienerkerze hat keine tiefere religiöse Bedeutung, sie überträgt das Feuer auf die Kerzen des Chanukkias. Mit dem Licht der Chanukkia-Kerzen darf dann nichts weiter geschehen – es geht lediglich um das Licht und die Kerzen müssen allein zu Ende leuchten. Jeden Abend nach Sonnenuntergang wird eine weitere Kerze auf dem Leuchter angezündet, bis alle acht Kerzen brennen. 
Das alles kann aber auch in den Synagogen bei Gottesdiensten passieren, die in der Zeit von Chanukka stattfinden. Nicht alle Jüdinnen*Juden feiern das Fest, machen alle Traditionen mit oder glauben an alles, was die Thora lehrt. Sie dürfen aber trotzdem Juden sein und sich zugehörig fühlen, denn es gibt Menschen, die nicht glauben, aber sich trotzdem daran erinnern wollen, was passiert ist. Isabel sagt mir: »Es ist kein Gebot, Chanukka zu feiern, es ist keine Mitzwa, aber es ist ein Gebot, sich zu erinnern, was passiert ist.« 

Herkömmlichste Traditionen zum Fest 

Ähnlich wie an dem christlichen Weihnachten verbringt man an Chanukka viel Zeit mit der Familie, singt und musiziert zusammen und vor allem: Man isst zusammen. Beim Essen gibt es die Tradition, dass das Essen sehr fettig ist, frittiert wurde oder sogar in Fett badet – denn das ölige Essen ist eine Referenz zum Öl in der Geschichte der Makkabäer. Es gibt zum Beispiel Lattkes (Kartoffelpuffer), Sufganiyot (Berliner beziehungsweise Donuts) oder Tschebureki (frittierte Teigtaschen mit Fleischfüllung). Bei diesen Traditionen kommt es darauf an, welcher Diaspora sich die Jüdinnen*Juden zuordnen – das bedeutet, welchem Fluchtort sie angehören. Bei Isabel ist das die Ukraine, in der ihre Eltern lebten, und damit sind es für sie am liebsten Berliner. 

Isabel stammt aus einer jüdischen Familie, das heißt ihre beiden Eltern sind jüdisch und damals aus der Sowjetunion (Ukraine), die jeglichen Glauben verboten hat, nach Deutschland geflohen. Sie sind schließlich in Kiel gelandet und Isabel bezeichnet sie als nicht religiös. In unserem Gespräch hat sie mir von ihrer Erfahrung mit dem Glauben berichtet: Irgendwann fing sie an, sich intensiver über ihren Glauben und den ihrer Eltern zu informieren. Sie las Bücher zum Judentum, aber sprach auch mit Rabbinern. Außerdem ist sie schon häufig nach Israel gereist und hat dort mit ihrer Familie gesprochen. Isabel hat sich dafür engagiert, dass es zuhause den Chanukkia gibt und entscheidet noch spontan, ob sie sich mehr als das Kerzenanzünden an Chanukka vornimmt. Vielleicht wird sie sich bei Freunden umgucken, was die dann machen, was die Gemeinden organisieren und was in Synagogen passiert. Auf jeden Fall werden Berliner gegessen. 

Ressortleitung Gesellschaft

Svea studiert Geschichte und Politikwissenschaft im Profil Fachergänzung. Sie ist seit November 2023 Teil des ALBRECHTs und seit Januar 2024 übernimmt sie die Leitung für den Gesellschaftsteil. Neben Texten über aktuelle Politik, schreibt sie auch sehr gerne über historische Themen.

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Chanukka – das jüdische Lichterfest

Dezember: für die meisten ist das die Zeit im Jahr, in der Glühwein auf Weihnachtsmärkten getrunken wird, an Heiligabend die Familien besucht werden und das christliche Weihnachten gefeiert wird. Zumindest für 81 Prozent der Deutschen, wenn man Statista fragt. Für die restlichen 19 Prozent sieht der Dezember anders aus, denn die jüdische Gemeinschaft Deutschlands feiert Chanukka. 

Die Geschichte hinter Chanukka 

Im zweiten Jahrhundert vor Christus war Israel Teil des antiken Griechenlands, dessen polytheistische Religion mit mehreren Göttern wie Zeus und Poseidon dem monotheistischen Judentum gegenüberstand. Während beide Religionen lange nebeneinander existierten, verschärfte sich ein religiöser Konflikt, als polytheistische Gläubige das Judentum verhöhnten und unterdrückten.  

Dies führte zu jüdischen Widerstandsbewegungen wie den Makkabäern, die gegen die Einschränkung ihres Glaubens kämpften. Sie kämpften gegen diejenigen, die nach und nach systematisch versuchten, ihre Religion und Lebenswelt einzuschränken und zu verbieten. Ein zentrales Symbol war der Tempel in Jerusalem, der einzige geweihte Ort für jüdische Gottesdienste. Polytheisten versuchten, den Tempel Zeus zu widmen, was die Makkabäer zu verhindern suchten. Die Makkabäer kämpften dafür, den Tempel in Jerusalem und somit auch ihren Glauben zu erhalten, und haben sich schließlich gegen die Unterdrücker durchgesetzt.  

Nach ihrem Sieg wollten sie den Tempel wiedereinweihen, benötigten dafür jedoch koscheres Öl, welches es aufgrund der Konflikte nicht mehr gab. Eine kleine Menge Öl wurde auf wundersame Weise tief verborgen im Tempel gefunden – eigentlich nur genug für einen Tag, doch das Licht hielt durch ein weiteres Wunder acht Tage, bis genügend neues Öl hergestellt war. Dieses Wunder und der Einsatz der Makkabäer werden als entscheidend für den Erhalt des Judentums angesehen. Es wird gesagt, dass wenn es das alles nicht gegeben hätte, die jüdische Kultur heute nicht mehr existieren würde. 

Die Geschichte heute 

Der Tempel, in dem die Makkabäer das Wunder erlebten, existiert nicht mehr. Nach zweimaliger Zerstörung ist die Klagemauer der letzte Überrest des heiligen Tempels und heute die zentralste jüdische Pilgerstätte. Heutige Synagogen erinnern weltweit mit ihrem Baustil an den Tempel in Jerusalem. Und die Makkabäer leben auch im heutigen Leben fort: Vereine, die sich mit jüdischer Geschichte identifizieren, tragen ihren Namen, etwa der israelische Fußballclub Maccabi Tel Aviv.  

Jüdische Feiertage, wie Chanukka, orientieren sich am Mondkalender und fallen jedes Jahr auf ein anderes Datum. Isabel erzählt mir am Telefon, dass das nächste Chanukka vom 25. Dezember 2024 bis zum 2. Januar 2025 stattfindet. Sie ist Jüdin und lebt mit ihren Eltern in Kiel. Das Fest ist etwas anders als die anderen Feste im Judentum. Es ist von Jüdinnen*Juden und es geht vor allem um das Gedenken an die Makkabäer. Es ist nicht von Gott – das bedeutet, es ist keine Mitzwa (kein Gebot), Chanukka zu feiern, jedoch mehr oder weniger gesellschaftlich gegeben. Am wichtigsten ist an Chanukka, die Kerzen auf dem Kerzenleuchter, Chanukkia, anzuzünden. 

Lichterfest 

Chanukka wird wegen der Kerzen auch das Lichterfest genannt; nach Sonnenuntergang wird am Abend des ersten Tages von Chanukka als erstes die Dienerkerze gezündet. Die Dienerkerze hat keine tiefere religiöse Bedeutung, sie überträgt das Feuer auf die Kerzen des Chanukkias. Mit dem Licht der Chanukkia-Kerzen darf dann nichts weiter geschehen – es geht lediglich um das Licht und die Kerzen müssen allein zu Ende leuchten. Jeden Abend nach Sonnenuntergang wird eine weitere Kerze auf dem Leuchter angezündet, bis alle acht Kerzen brennen. 
Das alles kann aber auch in den Synagogen bei Gottesdiensten passieren, die in der Zeit von Chanukka stattfinden. Nicht alle Jüdinnen*Juden feiern das Fest, machen alle Traditionen mit oder glauben an alles, was die Thora lehrt. Sie dürfen aber trotzdem Juden sein und sich zugehörig fühlen, denn es gibt Menschen, die nicht glauben, aber sich trotzdem daran erinnern wollen, was passiert ist. Isabel sagt mir: »Es ist kein Gebot, Chanukka zu feiern, es ist keine Mitzwa, aber es ist ein Gebot, sich zu erinnern, was passiert ist.« 

Herkömmlichste Traditionen zum Fest 

Ähnlich wie an dem christlichen Weihnachten verbringt man an Chanukka viel Zeit mit der Familie, singt und musiziert zusammen und vor allem: Man isst zusammen. Beim Essen gibt es die Tradition, dass das Essen sehr fettig ist, frittiert wurde oder sogar in Fett badet – denn das ölige Essen ist eine Referenz zum Öl in der Geschichte der Makkabäer. Es gibt zum Beispiel Lattkes (Kartoffelpuffer), Sufganiyot (Berliner beziehungsweise Donuts) oder Tschebureki (frittierte Teigtaschen mit Fleischfüllung). Bei diesen Traditionen kommt es darauf an, welcher Diaspora sich die Jüdinnen*Juden zuordnen – das bedeutet, welchem Fluchtort sie angehören. Bei Isabel ist das die Ukraine, in der ihre Eltern lebten, und damit sind es für sie am liebsten Berliner. 

Isabel stammt aus einer jüdischen Familie, das heißt ihre beiden Eltern sind jüdisch und damals aus der Sowjetunion (Ukraine), die jeglichen Glauben verboten hat, nach Deutschland geflohen. Sie sind schließlich in Kiel gelandet und Isabel bezeichnet sie als nicht religiös. In unserem Gespräch hat sie mir von ihrer Erfahrung mit dem Glauben berichtet: Irgendwann fing sie an, sich intensiver über ihren Glauben und den ihrer Eltern zu informieren. Sie las Bücher zum Judentum, aber sprach auch mit Rabbinern. Außerdem ist sie schon häufig nach Israel gereist und hat dort mit ihrer Familie gesprochen. Isabel hat sich dafür engagiert, dass es zuhause den Chanukkia gibt und entscheidet noch spontan, ob sie sich mehr als das Kerzenanzünden an Chanukka vornimmt. Vielleicht wird sie sich bei Freunden umgucken, was die dann machen, was die Gemeinden organisieren und was in Synagogen passiert. Auf jeden Fall werden Berliner gegessen. 

Ressortleitung Gesellschaft

Svea studiert Geschichte und Politikwissenschaft im Profil Fachergänzung. Sie ist seit November 2023 Teil des ALBRECHTs und seit Januar 2024 übernimmt sie die Leitung für den Gesellschaftsteil. Neben Texten über aktuelle Politik, schreibt sie auch sehr gerne über historische Themen.