Düsterer Showdown für Axel Milberg
Sonntagabend, Tatortzeit. Fans, die regelmäßig einschalten, sind mit unzähligen Ermittler*innen-Duos vertraut und für viele ist der wöchentliche Krimi besonders reizvoll, wenn er in der eigenen Stadt spielt. Seit 2003 gehört der wortkarge Kommissar Klaus Borowski fest zum Tatort-Ensemble der ARD. Doch nach 44 Fällen ist nun Schluss. Am heutigen Sonntag läuft der letzte Kiel-Tatort »Borowski und das Haupt der Medusa« mit dem gebürtigen Kieler Axel Milberg in der Hauptrolle. Vorab zeigte der Norddeutsche Rundfunk (NDR) die Folge schon am 6. März vor geladenen Gästen im Kieler Schauspielhaus.
Das Abschieds-Event sollte Axel Milberg auch eine gebührende Rückschau auf 44 Borowski-Tatorte bescheren. Wegbegleiter*innen überraschten den Wahl-Münchner mit persönlichen Anekdoten und emotionalen Beiträgen. Almila Bağrıaçık, seit 2018 als Kommissarin Mila Sahin an Borowskis Seite zu erleben, überraschte den 68-Jährigen mit einem handgeschriebenen Abschiedsgedicht. Sascha Arango schrieb zehn Borowski-Drehbücher und eröffnete dem Publikum nachdrücklich, dass ihm jetzt nur noch fehle, Axel Milberg als Täter in einem seiner Drehbücher unterzubringen. Mit tränenden Augen schiebt er hinterher: »Borowski war mein Leben.«
Vier Tage bis zur Pension – oder zum Ende?
Zuschauer*innen erwartet ein unheimlich-spannender und aufwühlender Einstieg in den Film. Die ersten 30 Minuten sitzt man gebannt vor dem Fernseher – krallt sich gar ins Polster. Erinnerungen an den ›stillen Gast‹ Kai Korthals (legendär schmierlappig von Lars Eidinger verkörpert) werden wach, der perfide mordende Serientäter aus Borowskis Vergangenheit, gegen den er in gleich drei Fernsehfilmen (2012, 2015 und 2021) ermittelte. Genau so schmierlappig, sozial inkompetent und, aus einer tiefen Demütigung durch seine Mutter Eleonore entspringend, irgendwie von innen heraus zerfressen, begegnet uns Robert Frost (herausragend: August Diehl): IT-Spezialist im Kieler Bürgeramt, 40 Jahre alt, seit 40 Jahren Single und wohnhaft bei seiner Mutter im passenden Spießer-Gruselhaus in Kiel-Düsternbrook. Eleonore Frost (schauderhaft durchdringend: Corinna Kirchhoff) hat noch so viel vor, doch ihr Sohn überlegt, sich von seinem jahrelangen Martyrium zu befreien.

So wie Milberg ist auch Borowski auf dem Weg in den Ruhestand. Noch vier Tage gilt es bis zu seiner Pensionierung herumzubekommen. Er sitzt im Reisebüro und malt sich seine Zukunft als Privatier aus. Beim Beantragen eines Reisepasses im Bürgeramt fällt Borowski das Foto eines düsteren Hauses auf. Eine unheilvolle Erinnerung regt sich: Schon auf dem Schulweg als Kind gruselte er sich davor. Gleichzeitig häufen sich im Amt rätselhafte Todesfälle. Borowski folgt seinem Instinkt und besucht das Haus. Die Nachbarin behauptet, Mutter und Sohn seien verreist – doch er spürt, dass jemand da ist.
Als eine alarmierte Polizeistreife ihn rettet, überzeugt Borowski seine Kollegin Mila Sahin: Hier verbirgt sich ein Fall mit bereits drei Toten. Währenddessen hackt sich Robert Frost in den Polizeirechner, um Borowskis Schritte zu überwachen. Ein düsteres Katz-und-Maus-Spiel beginnt – und Borowski bleiben nur noch vier Tage bis zur Pensionierung. Ob Borowski es in den Ruhestand schafft oder es doch ganz anders kommt, können Zuschauer*innen heute Abend selbst herausfinden.
Neuer Wind im Norden
Borowskis Nachfolgerin steht bereits fest. Im vergangenen Jahr wurde schon fleißig im Kieler Stadtgebiet gedreht. Ab 2025 wird Karoline Schuch in die Fußstapfen von Axel Milberg beim Kieler Tatort treten. Künftig ermittelt sie als Polizei-Psychologin Elli Krieger an der Seite von Hauptkommissarin Mila Sahin. Ebenfalls aus dem Kieler Tatort ausscheiden wird ›Borowskis einziger Freund‹ Roland Schladitz. Thomas Kügel, der den mürrischen aber dennoch fürsorglichen Vorgesetzten des Kieler Teams spielt, mischt im aktiven Geschehen der Kieler Storyline dann nicht mehr mit, da seine Rolle zum Polizeipräsidenten befördert wird.
Finn ist seit Februar 2024 Chefredakteur des ALBRECHTs. Zuvor hat er ein Jahr lang das Kulturressort geleitet. Für unser Blatt sitzt er häufig in der Oper, im Theater oder im Konzertsaal. Er studiert Englisch und Geographie auf Lehramt und ist seit dem WiSe 22/23 Teil der Redaktion.