Wie der Science-Fiction »Mickey 17« mit Robert Pattinson scheitert
Die nahe Zukunft der Menschheit sieht nicht rosig aus. Der Klimawandel führt zu heftigen Wetterkatastrophen, Gläubiger*innen treiben erbarmungslos ihre ausstehenden Kredite ein, Wissenschaftler*innen befeuern ohne ethische Skrupel den technologischen Fortschritt und viele sehen sich gezwungen die Erde zu verlassen, um fremde Welten zu bevölkern. So bewirbt sich auch Mickey Barnes, die namensgebende Hauptfigur verkörpert von Robert Pattinson, für einen Platz auf einer Erkundungsmission zum Planeten »Niflheim«. Um seine Chancen auf einen der begehrten Plätze zu erhöhen, entscheidet er sich für ein bestimmtes Programm, bei dem die Menschen nach dem Tod per Drucker wiederhergestellt werden können, inklusive Gedächtnis und all ihrer Erinnerungen. Der Nutzen liegt darin, dass der etwas dümmliche Mickey als menschliches Versuchskaninchen missbraucht wird, damit todbringende Experimente an ihm durchgeführt werden können.
Die Prämisse von »Mickey 17«, dem neuen Film des »Parasite«–Regisseurs Bong Joon-ho, ist eigentlich interessant, es gäbe viel zu erzählen über die moralischen Probleme des Klonens, den Missbrauch von Technik, den Eroberungsdrang des Menschen und das Erscheinen von Doppelgängern – durch ein Versehen existieren im Verlauf der Handlung zwei Mickeys. Hätte der Film sich auf diese Aspekte begrenzt, die richtigen Fragen gestellt und klug die Dilemmata aufgezeigt, wäre dem südkoreanischen Filmemacher womöglich erneut ein Geniestreich gelungen. Doch »Mickey 17« verschwendet zu viel Zeit mit der Behandlung von eigentlich unwichtigen Nebencharakteren, wie dem Anführer der Erkundungsmission, einem cholerischen Politiker namens Kenneth Marshall gespielt von Mark Ruffalo.
Plakative Darstellung der neuen Rechten
Die gegenwärtige Renaissance des Rechtskonservatismus soll sich in Marshall widerspiegeln. Im Auftrag einer religiösen Sekte ist geplant, dass auf »Niflheim« eine überlegene weiße Rasse gezüchtet wird. Die vorgenommene ideologische Beschreibung der neuen Rechten ist zwar richtig, sie verbleibt aber oberflächlich. Ruffalo spielt einen völlig überzeichneten Marshall, mit einer ebenso theatralischen Frau (Toni Colette), die weder amüsant sind noch etwas Neues über populistische Politiker*innen erzählen. Der Humor erinnert an vielen Stellen an Adam McKays Satire »Don’t Look Up«, die auch öfter über das Ziel hinausschießt, jedoch immerhin einige gute Pointen bereithält.
In einigen Szenen merkt man das Talent von Bong Joon-ho, die Situationskomik glückt, Robert Pattinson kann ebenso durch sein Schauspiel viel herausholen. Er trägt im Prinzip den kompletten Film auf seinen Schultern, indem er einen durchaus sympathischen und in den (zu wenigen) emotionalen Momenten auch nahbaren Mickey darstellt.
An den Kinokassen ist »Mickey 17« bis zum jetzigen Zeitpunkt kein allzu großer Erfolg, er wird dem Produzenten Warner Bros. wahrscheinlich einen Verlust bescheren. Bong Joon-ho ist bekannt als unkonventioneller Regisseur, der gerne Akzente abseits vom Mainstream setzt. Mit Produktionskosten von 118 Millionen Dollar ist Warner ins Risiko gegangen und könnte in Zukunft davon absehen, Filme dieser Art zu machen. Es wäre daher schade, sollten solche Regisseure kein Budget mehr bekommen. Es droht die Beschränkung auf bewährte Konzepte wie weitere Sequels oder Franchise-Filme.
Eroberung eines neuen Planeten
Auf »Niflheim« begegnen die Expeditor*innen fremden Tieren, die fortan »Creeper« genannt werden. Sie scheinen den Menschen feindlich gesinnt zu sein, sind aber hochintelligent und versuchen lediglich, ihre Herde zu verteidigen. Doch sie stehen den Siedlungsbemühungen der Mission im Weg und sollen am besten ausgerottet werden. Der Mensch erscheint wie so oft in seiner Geschichte als parasitäres Wesen. »Der weise Mensch [war] die größte Katastrophe, von der die Tier- und Pflanzenwelt der Erde je heimgesucht wurde«, schreibt der Universalhistoriker Yuval Noah Harari in seinem Bestseller »Eine kurze Geschichte der Menschheit«. Er nennt das Verhalten einen »Blitzkrieg« gegen andere Spezies: Mammuts, Säbelzahntiger, Riesenfaultiere und Weitere werden innerhalb – evolutionär gesehen – kurzer Zeit ausgelöscht. »Mickey 17« greift dieses expansive Moment zwar auf, erzählt es aber nicht konsequent zu Ende und bleibt wie bei so vielen der aufgeworfenen Fragen auf halber Strecke stehen.
5 von 10 Kinokatzenpunkten
Tore studiert Politikwissenschaft und Philosophie an der CAU. Er leitet seit Februar 2025 das Kulturressort. Schwerpunktmäßig setzt er sich mit Filmen und politischen Themen auseinander.