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Podiumsdiskussion zur Bundestagswahl in der Pumpe

Der AStA der CAU hat vor der nahenden Bundestagswahl zu einer Podiumsdiskussion in der Pumpe eingeladen. Politiker*innen von sechs Parteien diskutierten am Dienstag, den 21. Januar, zum Teil kontrovers über unterschiedliche – insbesondere soziale und ökonomische – Themen. 

Für SPD, CDU, Grüne und Linkspartei saßen jeweils die Direktkandidatinnen für den Kieler Wahlkreis auf dem Podium. Der SSW war durch Maylis Roßberg vertreten, die im Wahlkreis Rendsburg-Eckernförde antritt. Als Ersatz für den Kieler Direktkandidaten der FDP, Max Mordhorst, war der Vorsitzende der Jungen Liberalen in Schleswig-Holstein, Finn Flebbe, anwesend. 

Weder FDP noch SSW dürften im Rennen um den Kieler Wahlkreis eine große Rolle spielen. Daher bot die Podiumsdiskussion eine gute Gelegenheit, die aussichtsreichen Direktkandidatinnen näher kennenzulernen. Wie argumentierten die Politiker*innen? Welche Positionen vertraten sie? Und wer machte einen nahbaren und sympathischen Eindruck? Über all diese Dinge konnten sich die Besucher*innen ein Urteil bilden. 

Klimaschutz als Auftakt 

Luise Amtsberg von den Grünen, die seit 2013 im Bundestag sitzt und Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung ist, verfügt im Verhältnis zu den anderen Diskutant*innen mit Abstand über die meiste Erfahrung, was ihrer professionellen Rhetorik anzumerken war. Amtsberg thematisierte vor allem die Munitionsbelastung in der Ostsee und verwies bei der Gelegenheit, auf die von der Bundesregierung finanzierten Programme zur Entfernung dieser. Kein ganz uneigennütziger Hinweis, wenn man selbst (noch) Teil der Regierung ist. 

Die SSW-Politikerin Maylis Roßberg machte darauf aufmerksam, dass Robert Habeck mittlerweile Carbon Capture and Storage (CCS) befürworte, ein Verfahren mit dem Kohlendioxid im Untergrund gespeichert werden soll, damit es nicht in die Atmosphäre gelangt. Weiter führte Roßberg aus, dass der SSW dieses Verfahren ablehne und gegen eine mögliche C02-Speicherung in der Nordsee sei. Beflügelt von einem historisch gutem Landtagswahlergebnis – das Beste seit 1947 – träumt der SSW davon, mit zwei Abgeordneten im nächsten Bundestag vertreten zu sein. Die Partei der dänischen und friesischen Minderheit ist von der Fünf-Prozent-Hürde befreit. Bei ausreichend Zweitstimmen würde daher neben Stefan Seidler, der den ersten Listenplatz belegt, auch die zweitplatzierte Roßberg in den Bundestag einziehen. 

Richtig kontrovers wurde es das erste Mal, als Finn Flebbe (FDP) postulierte, dass Klimaschutz eine »Aufgabe für jeden« sei. Dabei flogen jedoch keine Fäuste. Im Gegensatz zu einem Koordinierungswochenende der Jungen Liberalen im August, das in einer »Rangelei« endete, wurde die Auseinandersetzung auf dem Podium mit Worten geführt. Unterstützt wurde der FDP-Nachwuchspolitiker, durch Magdalena Drewes (CDU), die forderte: »Jeder muss auch vor der eigenen Haustür kehren.« 

Christina Schubert von der SPD entgegnete der Individualisierung des Klimaschutzes durch Flebbe, dass dies der falsche Angang sei. Vielmehr nahm sie die Reichen in die Pflicht, die einen größeren Beitrag leisten sollten. Dazu plädierte sie für einen »gemeinschaftlichen Angang« bei Themen wie Fern- oder Nahwärme. 

Was tun gegen den Rechtsruck? 

Im Verlauf der Diskussion, bei der laut AStA-Referat für politische Bildung etwa 250 Besucher*innen anwesend waren, wurde vom Publikum die Frage gestellt, wie man dem Rechtsruck der Gesellschaft entgegentreten sollte. Tamara Mazzi von der Linkspartei, die selbst rechte Gewalt erlebte, forderte laut zu sein und sich nicht einschüchtern zu lassen. Zudem kritisierte sie die schwarz-grüne Koalition in Schleswig-Holstein, die ein Abschiebegefängnis in Glückstadt betreibt. Ihr Fazit daher: »Es kann nur die Linke sein!« 

Die CDU-Direktkandidatin Magdalena Drewes versuchte sich gegen die Vorwürfe zu wehren und behauptete, die CDU sei keine rechte Partei. Daraufhin lachte der Saal laut auf. Dieses Manöver war komplett fehlgeschlagen. Was natürlich auch an der verschärften Migrationspolitik der Merz-CDU liegt. Drewes gab nicht auf und schlug vor, die Leute mit vernünftigen Parolen einzuholen. 

Die Grünen haben als Teil der Ampel-Koalition einige Asylrechtsverschärfungen, wie das Gemeinsame Europäische Asylsystem (GEAS), das unter anderem Unterbringungslager an den europäischen Außengrenzen beinhaltet, mitgetragen. Diese Art der Kompromisse versuchte Luise Amtsberg zu verteidigen, indem sie herausstellte, dass die Grünen es immerhin geschafft hätten, einige noch strittigere Punkte ›rauszuverhandeln‹. Die Einigung als geringeres Übel. Es wirkte so, als wenn Amtsberg diese Argumentation nicht das erste Mal verwendete. 

Reformstau oder Schuldenbremsenreform? 

Die Parteien versprechen in ihren Wahlprogrammen große Investitionen und/oder Steuerentlastungen. Eine Publikumsfrage wollte deswegen von den Politiker*innen wissen, wie diese finanziert werden sollen. Magdalena Drewes vertrat die klassische CDU-Position, dass man den Kindern keine Schulden aufbürden sollte. Das Publikum reagierte darauf mit großem Unverständnis. Tamara Mazzi entgegnete: »Die schwäbische Hausfrau ist Quatsch.« Sie stellte die Lösung der Linkspartei vor, die ab einer Milliarde Euro eine Zwölfprozentige Vermögenssteuer fordert. 

Sowohl Schubert als auch Amtsberg sprachen sich für eine Reform der Schuldenbremse aus, sodass Investitionen ermöglicht werden. Die Ampel-Koalition zerbrach unter anderem am Streit über jene Schuldenbremse. Christian Lindner und die FDP beharrten auf ihrer Einhaltung. Finn Flebbe zeigte sich hingegen zu einer Diskussion über eine Reform bereit. Vielleicht ist der FDP-Nachwuchs an diesem Punkt also etwas weiter als die Mutterpartei? 

Fast ein »All-Female-Panel« 

Auf dem Podium fehlten die AfD und das BSW. Das AStA-Referat für politische Bildung entschied sich dazu, die Rechtsaußenpartei nicht einzuladen. Auch die Pumpe als Austragungsort hätte keine Veranstaltung mit einer Teilnahme der AfD geduldet. Das BSW war nicht vertreten, weil aufgrund der Kürze der Vorbereitungszeit durch die vorgezogenen Neuwahlen, nur Parteien eingeladen waren, die schon einmal bei einer Wahl in den Bundestag eingezogen sind. 

Besonders stach an diesem Abend heraus, dass mit Ausnahme der FDP, alle Parteien von Frauen vertreten wurden. Ein starkes Zeichen, denn im nächsten Bundestag könnte der Frauenanteil wieder sinken, sollte die AfD das prognostizierte Ergebnis einfahren. Sicher ist dagegen aber bereits jetzt, dass Kiel in der kommenden Legislaturperiode durch eine Frau vertreten sein wird. 

Tore studiert Politikwissenschaft und Philosophie an der CAU. Er leitet seit Februar 2025 das Kulturressort. Schwerpunktmäßig setzt er sich mit Filmen, Literatur und politischen Themen auseinander.

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