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Grünen Landtagsfraktionsvorsitzender Lasse Petersdotter im Interview

Noch zu seiner Studienzeit war Lasse Petersdotter Teil des AStAs und setzte sich mit einer Demonstration und viel Öffentlichkeitsarbeit für eine bessere Finanzierung der Unis ein. Nun sitzt er für die Grünen als Fraktionsvorsitzende im Landtag und ist Teil der Landesregierung von Schleswig-Holstein. Wir haben mit ihm über die geplanten Verwaltungsgebühren und die Kampagne Uni ohne Geld gesprochen.

Das Thema Verwaltungsgebühren bringt momentan unsere ganze Studierendenschaft ein bisschen in Aufruhr, da es ein großes Thema für uns alle ist. Könntest du vielleicht trotzdem noch einmal ganz kurz aus deiner Sicht sagen, warum diese Verwaltungsgebühr wichtig ist und was die erstmal ist und mit sich bringt. 

Die Verwaltungsgebühr dient im Prinzip dazu, die Dienstleistungen, die eine Hochschule erbringt, zu finanzieren. Bislang haben wir das an den Hochschulen nicht erhoben, werden das aberkünftig möglich machen. Das war ein Vorschlag der Bildungsministerin Karin Prien im Zusammenhang mit dem Haushaltsverfahren das jetzt vor uns liegt und insofern geht es da um 60 Euro im Semester. Das sind 10 Euro im Monat. Ich verstehe, dass 60 Euro im Semester für einige Studierende sehr hart sind, denke aber trotzdem, dass dieser Betrag für viele leistbar ist. Ich weiß aber auch, dass die finanzielle Lage von Studierenden häufig sehr angespannt ist insofern kann ich auch verstehen, dass es darum Diskussion gibt. 

Warum genau diese 60 Euro? Im Bildungsbereich des neuen Haushaltes gibt es eine Lücke von 7 Millionen Euro. Soll das damit aufgefüllt werden oder setzt sich der Betrag anders zusammen?  

Die 60 Euro vor allen Dingen daran orientiert, dass wir geguckt haben, wie es in anderen Bundesländern aussieht. Fast alle Bundesländer erheben eine solche Verwaltungsgebühr, es ist also nicht ungewöhnlich ist, dass wir das nun auch tun. Das sind im Schnitt zwischen 55 und 75 Euro. Der Ansatz war, sich in Schleswig-Holstein im Mittelfeld anzusiedeln. Auf der anderen Seite gibt es Kürzungen, beziehungsweise Leistungen, die nicht erbracht werden, die zum Beispiel die Grundfinanzierung betreffen. Wir stellen weniger zur Verfügung als ursprünglich geplant, um es mal klar zu sagen. Das kommt noch dazu, und dass diese Verwaltungsgebühr eine Entlastung für die Hochschulen bringt, ist auch Teil der Erzählung. 

Handelt es sich dabei auch eventuell um so eine Art Umlageverfahren vom Land auf die Studierendenschaft? 

Nicht wirklich, weil wir nicht die Verwaltungsgebühr in unseren Haushalt aufnehmen, sondern die Verwaltungsgebühr geht in den Haushalt der Hochschulen und die Hochschulen können darüber entscheiden, wie sie damit umgehen. Das führt aber auch dazu, dass natürlich die Hochschulen entscheiden können, an anderer Stelle dann Ausgaben zu reduzieren, denn bisher wurden die Dinge ja finanziert. Deswegen will ich jetzt auch nicht so tun, als hätte das mit dem Gesamthaushalt und der Gesamthaushaltslage, in der wir uns befinden, nichts zu tun. Das ist so,wir haben aber auch, um das zu betonen, als Landeskoalition entschieden, dass wir so gut wie jede Gebühr, die wir als Land einnehmen, erhöhen. Das betrifft nicht nur Studierende, das geht von der Landeswasserabgabe bis hin zu anderen Gebühren. Jede Gebühr, die wir gerade relevant einnehmen, werden wir erhöhen, einfach aufgrund der Haushaltslage, weil man diese entweder lösen kann, indem man Kürzungen macht oder indem man die Einnahmen erhöht. Wir wollen nach Möglichkeit auch die Einnahmen erhöhen. 

Du hast es eben schon angesprochen, dass gerade die Studierendenschaft ja natürlich hochgradig armutsgefährdet ist. Warum dann genau diese Zielgruppe? 

Ich glaube, es ist eher umgekehrt: Wir können die Studierendenschaft oder die Hochschulen aus dieser Haushaltslage nicht ausklammern. Es ist so, dass viele Studierende armutsgefährdet sind und dass viele Studierende es hart haben. Aber man muss ehrlicherweise auch sagen, dass es bei einige Studierenden nicht so ist. Wir können nicht die eine Hälfte des Tages sagen: »An den Unis sind nur die Kinder reicher Eltern« und an der anderen Hälfte des Tages sagen: »An der Uni hat aber keiner Geld.« Das stimmt auch nicht. Ich weiß, wie es ist, mit wenig Geld zu studieren. Das ist hart. Man muss viel nebenbei arbeiten, die BAföG-Anträge sind ätzend und das BAföG System ist trotz Reform immer noch nicht da, wo es sein sollte. Aber die 60 Euro im Semester überfordern nicht zwangsläufig. Vor allem nicht jeden. 

Sind diese 60 Euro jetzt gerade eher eine Akuthilfe für den Haushalt oder könnte da in Zukunft auf den Haushalt 26 aufwärts sogar noch mehr kommen? 

Ich gehe nicht davon aus, dass die Verwaltungsgebühr in den nächsten Jahren noch erhöht wird, sondern das Ziel ist, sie überhaupt erstmal zu etablieren und sich dabei nicht an die Spitze zu stellen, sondern sich im Mittelfeld zu positionieren. Die Hochschulen in Schleswig-Holstein, insbesondere die CAU, haben immer sehr gut daran getan, niedrige Semesterbeiträge zu haben. Ich war auch immer sehr dafür, da sie das auch unterschieden hat zu anderen Hochschulen. Dieser Kurs hat sich ehrlicherweise geändert, seitdem wir das Bildungsticket haben. Seitdem sind wir relativ nah am Bundesdurchschnitt und mit der Verwaltungsgebühr noch ein Stück näher. Es ist aber nicht so, dass Studieren in Schleswig-Holstein im Verhältnis zu anderen Bundesländern dadurch übermäßig teuer wäre.  

Passend zum Thema Attraktivität der Uni. Dieses Semester sind die Ersti-Zahlen gesunken, die Gebäude sind immer noch nicht top, es gibt wenig studentischen Raum. Ist eine Erhöhung des Semesterbeitrags nicht kontraproduktiv für die Attraktivität? 

Es kommt darauf an was mit dem Beitrag gemacht wird. Ich gehe schon davon aus, dass die Hochschulen das Geld im Sinne der Studierenden benutzen. Gebühren kann man nicht für alles verwenden. Gebühren muss man dann auch für Dienstleistungen an den Studierenden ausgeben. Dazu kommt, dass wir seit den Protesten Uni ohne Geld damals massiv in die Hochschule investiert haben. Über 180 Millionen Euro und damit wurden viele Gebäude saniert. Nehmen wir zum Beispiel die Angerbauten, aber auch viele andere Gebäude an der CAU. Das andere, was wir gemacht haben, ist die Grundfinanzierung der Hochschulen zu verbessern, sodass sich auch Beschäftigungsverhältnisse verbessern konnten. Ob das die Präsidien alle immer so eingesetzt haben, ist eine andere Frage, die mich persönlich auch sehr verärgert. Aber das heißt, wir haben in den letzten 10 oder 12 Jahren grüner Regierung in Schleswig-Holstein massiv die finanzielle Situation der Hochschulen verbessert, bis hin dazu, dass auch der Landesrechnungshof heute sagt: »Statistisch sind die Hochschulen nicht mehr unterfinanziert!« Politisch würde ich das immer noch anders sehen, weil ich glaube, dass Bildung mehr Geld braucht, aber die 60 Euro im Semester machen die Hochschule nicht unattraktiv. Die Hochschulen sind weiterhin attraktiv, trotzdem braucht es mehr studentischen Raum auf dem Campus, denn ein Campus ohne Studierende funktioniert nicht. 

Die Uni sagt selbst dazu, dass das Geld genutzt wird, um keine Kürzung vorzunehmen. Der Vorteil der 60 Euro ist also, dass es keine Nachteile für Studierende gibt. Wie passt das zusammen? 

Das ist dann eine Entscheidung der Hochschule. Ich glaube, dass solche Haushaltslagen wie die, in der wir uns jetzt befinden, dazu führen können, zu gucken, ob jeder Euro sinnvoll ausgegeben wird. Das machen wir zumindest als Land und dabei können auch mal Dinge auffallen, bei denen man denkt, dass es jetzt auch nicht so dramatisch wäre, wenn dort gekürzt wird. Das sollte die Hochschule auch machen und dann freiwerdende Gelder für die Studierenden gezielt nutzen. Am Ende sind unsere Hochschulen aber autonom, ich kann ihnen nicht reinreden, wie sie damit genau umzugehen haben. 

Du hattest vorhin schon kurz Uni ohne Geld angesprochen. Das war zu deiner Studienzeit eine Initiative, für die du dich sehr stark eingesetzt hast. Kannst du vielleicht einmal genauer erklären, was das damals war, was da so passiert ist und was du oder ihr durchgesetzt habt? 

Uni ohne Geld ist jetzt etwa 10 Jahre her. 2014 haben wir uns dafür engagiert, dass die Hochschulfinanzierung besser wird. Einmal, weil wir festgestellt haben, dass es einen riesigen Sanierungsstau an der Hochschule gab. Wir hatten mit den Angerbauten an der CAU die Situation, dass bei bestimmten Windstärken diese Gebäude gesperrt werden mussten und keine Lehre mehr stattfinden konnte. Wir hatten schimmelnde Seminarräume, die gibt es bestimmt heute immer noch vereinzelt, und wir hatten einfach einen enormen Investitionsbedarf. Das war das eine und dann gab es sehr schlechte Beschäftigungsverhältnisse. Es war uns immer auch wichtig, nicht nur auf die Investitionen zu gucken, sondern auch auf das Personal und so haben wir auf diesen beiden Seiten damals Proteste organisiert, an denen ich auch stark mitgewirkt habe, und erreicht, dass damals etwa 180 Millionen Euro zur Verfügung gestellt wurden, um Gebäude zu sanieren und neu zu bauen. Heute sehen wir bereits die ersten fertigen Gebäude. Dazu gehören das Juridicum, die Angerbauten und andere, die mittlerweile auch schon stehen, in denen man jetzt schon arbeiten kann. Auf der anderen Seite haben wir entschieden, jedes Jahr die Grundfinanzierung an die Hochschulen um 5 Millionen Euro zu erhöhen. Das heißt im ersten Jahr 5 Millionen Euro, im zweiten 10 Millionen Euro, im dritten 15 Millionen Euro, im vierten 20 Millionen Euro, im fünften 25 Millionen Euro und so weiter, bis eben jetzt. Jetzt pausieren wir diese Erhöhungen, aber das ist immer noch ein enormer Unterschied zur Situation davor. Wir haben damit die Grundfinanzierung radikal verändert. Was damit passiert, und das ist der zweite Teil der Rechnung, liegt immer in den Händen der Hochschulen und da bin ich auch mit vielen Dingen unzufrieden. Nehmen wir das Juridicum. Da haben wir mit Protest erreicht, dass mehr Mittel zur Verfügung gestellt werden und ein Juridicum neu gebaut wird, weil wir gesagt haben, dass wir zu wenig Platz in den Seminarräumen haben. Wir saßen auf der Treppe. Was macht man? Baut ein Juridicum mit weniger Platz als vorher. Das sind Sachen, die kann ich auch nicht nachvollziehen. Bei der Frage von Personalausgaben durch die Grundfinanzierung wäre es meiner Meinung nach wichtig hinzugucken, wofür diese Grundfinanzierung eigentlich in den Hochschulen genutzt wurde. Das kann ich von außen gar nicht sagen, weil ich die Zahlen an den Hochschulen nicht kenne und auch kein Zugriff darauf habe. Aber ich habe das Gefühl, dass die Beschäftigungsverhältnisse sich nicht so radikal verändert haben. Insgesamt war die ganze Sache aber natürlich enorm erfolgreich, weil so wirklich die Hochschulen aus der radikalen Unterfinanzierung zumindest rausgezogen worden sind. 

Siehst du die jetzige Situation ähnlich vergleichbar wie vor zehn Jahren? 

Ich glaube, da gibt es zwei Elemente. Die Hochschulen sind heute finanziell besser aufgestellt als vor zehn Jahren. Durch die Tatsache, dass die Zahl an Studierenden sinkt, werden die Hochschulen auch in Teilen durchaus entlastet. Damals sind die Studierendenzahlen die ganze Zeit gestiegen. Die Studierenden selbst kommen aber gerade aus einer Phase von sehr, sehr starker Inflation, die sich wirklich spürbar bemerkbar macht. Der Wohnraum ist immer teurer geworden und wir erleben, dass auch die Belastung natürlich groß ist. Durch Corona und viele andere Entwicklungen ist auch die Situation der Studierenden schlechter geworden. Auf der anderen Seite habe ich, wenn ich an mein eigenes Studium denke, damals für 6,50 Euro an der Kasse gesessen. Ich habe halbtags gearbeitet, BAföG bezogen und einen Studienkredit erhalten, sonst hätte ich nicht studieren können. Heute haben wir immerhin einen Mindestlohn, der zumindest diese Situation massiv verändert. Insgesamt ist die Situation an den Hochschulen besser geworden, aber für die Studierenden ist es auch heute noch sehr hart.  

Dann interessiert uns auch die Frage, wie es jetzt konkret weitergehen wird. Für eine Änderung des Hochschulgesetzes braucht man erstmal ein Gesetzesentwurf. Wie ist der aktuelle Stand? 

Einen Gesetzesentwurf kenne ich bislang nicht, aber ich bin auch kein Fachsprecher. Ich kann aber auch nicht so tun, als würde es etwas nicht geben, nur weil ich es nicht kenne, aber bislang kenne ich da keinen Gesetzesentwurf. Das wird dann aber im Laufe des kommenden Jahres erfolgen müssen. 

Wie schnell wird so ein Gesetz dann geändert. Gibt’s da auch irgendwie konkretere Zeiträume? 

Konkret nicht, aber sowas dauert immer ein paar Monate. Dadurch, dass wir das mit Sicherheit über ein normales Gesetzgebungsverfahren machen, davon gehe ich jetzt aus, würde das heißen, dass es erstmal eine erste Lesung gibt. Dann gibt es eine schriftliche Anhörung im Fachausschuss. Anschließend eine mündliche Anhörung, in der natürlich auch die Studierendenschaften eingeladen werden, weil die auch ihre Position vertreten sollen. Anschließend gibt es eine zweite Lesung, in der dann das Gesetz beschlossen wird. Ich gehe davon aus, dass das im Frühjahr oder Sommer nächsten Jahres der Fall sein wird, aber alle Angaben ohne Gewähr.  

Gibt es denn theoretisch noch eine Möglichkeit, diese Verwaltungsgebühr abzuwenden oder zu verringern oder ist das quasi informell schon beschlossen? 

Den Vorschlag für diese Verwaltungsgebühr hat Karin Prien gemacht. In der Koalition sind wir uns darüber bewusst, dass jedes Haus einen Konsolidierungsbeitrag leisten muss und gucken muss, wie sie mit dem Geld besser zurechtkommen. Natürlich ist das eine der Maßnahmen, die einem schwieriger fällt als andere. Es wäre aber demokratisch falsch, nun so zu tun, als werde nie mehr geredet und als würden wir jetzt alle Schotten dicht machen. Ich gehe davon aus, dass diese Maßnahme kommt, aber trotzdem führen wir jede Debatte, führen auch jedes Gespräch und auch die Studierenden werden bei der Anhörung zu Sprache kommen, um ihre Position darzulegen. Ich gehe aber fest davon aus, dass diese Maßnahme kommt. 

Nächste Woche wird ja die neue Präsidentin gewählt [Anm.d.R.: Das Interview wurde vor der Wahl von Insa Theesfeld zur neuen Präsidentin der CAU geführt]. Denkst du, es gäbe die Möglichkeit, dass keine Verwaltungsgebühr kommt, wenn Sie sich dafür einsetzen würde, und beispielsweise an die Rücklagen der Uni gegangen wird? 

Die Hochschulen sind autonom und wenn jetzt alle Hochschulen sagen, dass sie diese Verwaltungsgebühr nicht wollen, dann zwingen wir sie auch nicht, Geld anzunehmen. Ich habe zumindest wenig Lust, meine Hand für etwas zu heben, bei dem alle Hochschulen sagen ›nein wir wollen das ja eigentlich gar nicht‹. Ich sage das auch, weil ich in der Presse schon den ein oder anderen Präsidiumsvertreter gehört habe, der gesagt hat, dass sie nicht so überzeugt davon seien. Ich werde jetzt hier nicht so tun, als würden wir Sachen, die wir sozusagen ankündigen, nicht machen, aber dann werden wir die Debatte anders führen. Natürlich kann ein Präsidium sich mit der Studierendenschaft im Senat oder auch anders darauf einigen, wo und wie sie diese Mittel ausgeben. Also, ob sie jetzt dazu da sind, Einnahmeausfälle auszugleichen oder ob man damit gestalterisch was anderes machen möchte. Auch das obliegt dem Präsidium. Wir reden da nicht rein und die Hochschulen haben hohe Rücklagen, das ist so. Insbesondere die CAU. Das hat teilweise was mit dem Hochschulpakt zu tun, aber die haben Sie auch schon ganz schön lange. Natürlich kann man auch Rücklagen in solchen schwierigen Zeiten nutzen. Das würde ich auch empfehlen, um auch aus schwierigen Zeiten wieder rauszukommen. 

Stellv. Chefredakteur und Layouter

Joschka studiert seit dem Wintersemester 20/21 Soziologie und Politikwissenschaft und ist seit Ende 2022 Teil des Albrechtsteams. Dazu leitet er seit dem März 2023 das Layoutteam und ist seit Februar 2024 stellvertretende Chefredaktion.

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Grünen Landtagsfraktionsvorsitzender Lasse Petersdotter im Interview

Noch zu seiner Studienzeit war Lasse Petersdotter Teil des AStAs und setzte sich mit einer Demonstration und viel Öffentlichkeitsarbeit für eine bessere Finanzierung der Unis ein. Nun sitzt er für die Grünen als Fraktionsvorsitzende im Landtag und ist Teil der Landesregierung von Schleswig-Holstein. Wir haben mit ihm über die geplanten Verwaltungsgebühren und die Kampagne Uni ohne Geld gesprochen.

Das Thema Verwaltungsgebühren bringt momentan unsere ganze Studierendenschaft ein bisschen in Aufruhr, da es ein großes Thema für uns alle ist. Könntest du vielleicht trotzdem noch einmal ganz kurz aus deiner Sicht sagen, warum diese Verwaltungsgebühr wichtig ist und was die erstmal ist und mit sich bringt. 

Die Verwaltungsgebühr dient im Prinzip dazu, die Dienstleistungen, die eine Hochschule erbringt, zu finanzieren. Bislang haben wir das an den Hochschulen nicht erhoben, werden das aberkünftig möglich machen. Das war ein Vorschlag der Bildungsministerin Karin Prien im Zusammenhang mit dem Haushaltsverfahren das jetzt vor uns liegt und insofern geht es da um 60 Euro im Semester. Das sind 10 Euro im Monat. Ich verstehe, dass 60 Euro im Semester für einige Studierende sehr hart sind, denke aber trotzdem, dass dieser Betrag für viele leistbar ist. Ich weiß aber auch, dass die finanzielle Lage von Studierenden häufig sehr angespannt ist insofern kann ich auch verstehen, dass es darum Diskussion gibt. 

Warum genau diese 60 Euro? Im Bildungsbereich des neuen Haushaltes gibt es eine Lücke von 7 Millionen Euro. Soll das damit aufgefüllt werden oder setzt sich der Betrag anders zusammen?  

Die 60 Euro vor allen Dingen daran orientiert, dass wir geguckt haben, wie es in anderen Bundesländern aussieht. Fast alle Bundesländer erheben eine solche Verwaltungsgebühr, es ist also nicht ungewöhnlich ist, dass wir das nun auch tun. Das sind im Schnitt zwischen 55 und 75 Euro. Der Ansatz war, sich in Schleswig-Holstein im Mittelfeld anzusiedeln. Auf der anderen Seite gibt es Kürzungen, beziehungsweise Leistungen, die nicht erbracht werden, die zum Beispiel die Grundfinanzierung betreffen. Wir stellen weniger zur Verfügung als ursprünglich geplant, um es mal klar zu sagen. Das kommt noch dazu, und dass diese Verwaltungsgebühr eine Entlastung für die Hochschulen bringt, ist auch Teil der Erzählung. 

Handelt es sich dabei auch eventuell um so eine Art Umlageverfahren vom Land auf die Studierendenschaft? 

Nicht wirklich, weil wir nicht die Verwaltungsgebühr in unseren Haushalt aufnehmen, sondern die Verwaltungsgebühr geht in den Haushalt der Hochschulen und die Hochschulen können darüber entscheiden, wie sie damit umgehen. Das führt aber auch dazu, dass natürlich die Hochschulen entscheiden können, an anderer Stelle dann Ausgaben zu reduzieren, denn bisher wurden die Dinge ja finanziert. Deswegen will ich jetzt auch nicht so tun, als hätte das mit dem Gesamthaushalt und der Gesamthaushaltslage, in der wir uns befinden, nichts zu tun. Das ist so,wir haben aber auch, um das zu betonen, als Landeskoalition entschieden, dass wir so gut wie jede Gebühr, die wir als Land einnehmen, erhöhen. Das betrifft nicht nur Studierende, das geht von der Landeswasserabgabe bis hin zu anderen Gebühren. Jede Gebühr, die wir gerade relevant einnehmen, werden wir erhöhen, einfach aufgrund der Haushaltslage, weil man diese entweder lösen kann, indem man Kürzungen macht oder indem man die Einnahmen erhöht. Wir wollen nach Möglichkeit auch die Einnahmen erhöhen. 

Du hast es eben schon angesprochen, dass gerade die Studierendenschaft ja natürlich hochgradig armutsgefährdet ist. Warum dann genau diese Zielgruppe? 

Ich glaube, es ist eher umgekehrt: Wir können die Studierendenschaft oder die Hochschulen aus dieser Haushaltslage nicht ausklammern. Es ist so, dass viele Studierende armutsgefährdet sind und dass viele Studierende es hart haben. Aber man muss ehrlicherweise auch sagen, dass es bei einige Studierenden nicht so ist. Wir können nicht die eine Hälfte des Tages sagen: »An den Unis sind nur die Kinder reicher Eltern« und an der anderen Hälfte des Tages sagen: »An der Uni hat aber keiner Geld.« Das stimmt auch nicht. Ich weiß, wie es ist, mit wenig Geld zu studieren. Das ist hart. Man muss viel nebenbei arbeiten, die BAföG-Anträge sind ätzend und das BAföG System ist trotz Reform immer noch nicht da, wo es sein sollte. Aber die 60 Euro im Semester überfordern nicht zwangsläufig. Vor allem nicht jeden. 

Sind diese 60 Euro jetzt gerade eher eine Akuthilfe für den Haushalt oder könnte da in Zukunft auf den Haushalt 26 aufwärts sogar noch mehr kommen? 

Ich gehe nicht davon aus, dass die Verwaltungsgebühr in den nächsten Jahren noch erhöht wird, sondern das Ziel ist, sie überhaupt erstmal zu etablieren und sich dabei nicht an die Spitze zu stellen, sondern sich im Mittelfeld zu positionieren. Die Hochschulen in Schleswig-Holstein, insbesondere die CAU, haben immer sehr gut daran getan, niedrige Semesterbeiträge zu haben. Ich war auch immer sehr dafür, da sie das auch unterschieden hat zu anderen Hochschulen. Dieser Kurs hat sich ehrlicherweise geändert, seitdem wir das Bildungsticket haben. Seitdem sind wir relativ nah am Bundesdurchschnitt und mit der Verwaltungsgebühr noch ein Stück näher. Es ist aber nicht so, dass Studieren in Schleswig-Holstein im Verhältnis zu anderen Bundesländern dadurch übermäßig teuer wäre.  

Passend zum Thema Attraktivität der Uni. Dieses Semester sind die Ersti-Zahlen gesunken, die Gebäude sind immer noch nicht top, es gibt wenig studentischen Raum. Ist eine Erhöhung des Semesterbeitrags nicht kontraproduktiv für die Attraktivität? 

Es kommt darauf an was mit dem Beitrag gemacht wird. Ich gehe schon davon aus, dass die Hochschulen das Geld im Sinne der Studierenden benutzen. Gebühren kann man nicht für alles verwenden. Gebühren muss man dann auch für Dienstleistungen an den Studierenden ausgeben. Dazu kommt, dass wir seit den Protesten Uni ohne Geld damals massiv in die Hochschule investiert haben. Über 180 Millionen Euro und damit wurden viele Gebäude saniert. Nehmen wir zum Beispiel die Angerbauten, aber auch viele andere Gebäude an der CAU. Das andere, was wir gemacht haben, ist die Grundfinanzierung der Hochschulen zu verbessern, sodass sich auch Beschäftigungsverhältnisse verbessern konnten. Ob das die Präsidien alle immer so eingesetzt haben, ist eine andere Frage, die mich persönlich auch sehr verärgert. Aber das heißt, wir haben in den letzten 10 oder 12 Jahren grüner Regierung in Schleswig-Holstein massiv die finanzielle Situation der Hochschulen verbessert, bis hin dazu, dass auch der Landesrechnungshof heute sagt: »Statistisch sind die Hochschulen nicht mehr unterfinanziert!« Politisch würde ich das immer noch anders sehen, weil ich glaube, dass Bildung mehr Geld braucht, aber die 60 Euro im Semester machen die Hochschule nicht unattraktiv. Die Hochschulen sind weiterhin attraktiv, trotzdem braucht es mehr studentischen Raum auf dem Campus, denn ein Campus ohne Studierende funktioniert nicht. 

Die Uni sagt selbst dazu, dass das Geld genutzt wird, um keine Kürzung vorzunehmen. Der Vorteil der 60 Euro ist also, dass es keine Nachteile für Studierende gibt. Wie passt das zusammen? 

Das ist dann eine Entscheidung der Hochschule. Ich glaube, dass solche Haushaltslagen wie die, in der wir uns jetzt befinden, dazu führen können, zu gucken, ob jeder Euro sinnvoll ausgegeben wird. Das machen wir zumindest als Land und dabei können auch mal Dinge auffallen, bei denen man denkt, dass es jetzt auch nicht so dramatisch wäre, wenn dort gekürzt wird. Das sollte die Hochschule auch machen und dann freiwerdende Gelder für die Studierenden gezielt nutzen. Am Ende sind unsere Hochschulen aber autonom, ich kann ihnen nicht reinreden, wie sie damit genau umzugehen haben. 

Du hattest vorhin schon kurz Uni ohne Geld angesprochen. Das war zu deiner Studienzeit eine Initiative, für die du dich sehr stark eingesetzt hast. Kannst du vielleicht einmal genauer erklären, was das damals war, was da so passiert ist und was du oder ihr durchgesetzt habt? 

Uni ohne Geld ist jetzt etwa 10 Jahre her. 2014 haben wir uns dafür engagiert, dass die Hochschulfinanzierung besser wird. Einmal, weil wir festgestellt haben, dass es einen riesigen Sanierungsstau an der Hochschule gab. Wir hatten mit den Angerbauten an der CAU die Situation, dass bei bestimmten Windstärken diese Gebäude gesperrt werden mussten und keine Lehre mehr stattfinden konnte. Wir hatten schimmelnde Seminarräume, die gibt es bestimmt heute immer noch vereinzelt, und wir hatten einfach einen enormen Investitionsbedarf. Das war das eine und dann gab es sehr schlechte Beschäftigungsverhältnisse. Es war uns immer auch wichtig, nicht nur auf die Investitionen zu gucken, sondern auch auf das Personal und so haben wir auf diesen beiden Seiten damals Proteste organisiert, an denen ich auch stark mitgewirkt habe, und erreicht, dass damals etwa 180 Millionen Euro zur Verfügung gestellt wurden, um Gebäude zu sanieren und neu zu bauen. Heute sehen wir bereits die ersten fertigen Gebäude. Dazu gehören das Juridicum, die Angerbauten und andere, die mittlerweile auch schon stehen, in denen man jetzt schon arbeiten kann. Auf der anderen Seite haben wir entschieden, jedes Jahr die Grundfinanzierung an die Hochschulen um 5 Millionen Euro zu erhöhen. Das heißt im ersten Jahr 5 Millionen Euro, im zweiten 10 Millionen Euro, im dritten 15 Millionen Euro, im vierten 20 Millionen Euro, im fünften 25 Millionen Euro und so weiter, bis eben jetzt. Jetzt pausieren wir diese Erhöhungen, aber das ist immer noch ein enormer Unterschied zur Situation davor. Wir haben damit die Grundfinanzierung radikal verändert. Was damit passiert, und das ist der zweite Teil der Rechnung, liegt immer in den Händen der Hochschulen und da bin ich auch mit vielen Dingen unzufrieden. Nehmen wir das Juridicum. Da haben wir mit Protest erreicht, dass mehr Mittel zur Verfügung gestellt werden und ein Juridicum neu gebaut wird, weil wir gesagt haben, dass wir zu wenig Platz in den Seminarräumen haben. Wir saßen auf der Treppe. Was macht man? Baut ein Juridicum mit weniger Platz als vorher. Das sind Sachen, die kann ich auch nicht nachvollziehen. Bei der Frage von Personalausgaben durch die Grundfinanzierung wäre es meiner Meinung nach wichtig hinzugucken, wofür diese Grundfinanzierung eigentlich in den Hochschulen genutzt wurde. Das kann ich von außen gar nicht sagen, weil ich die Zahlen an den Hochschulen nicht kenne und auch kein Zugriff darauf habe. Aber ich habe das Gefühl, dass die Beschäftigungsverhältnisse sich nicht so radikal verändert haben. Insgesamt war die ganze Sache aber natürlich enorm erfolgreich, weil so wirklich die Hochschulen aus der radikalen Unterfinanzierung zumindest rausgezogen worden sind. 

Siehst du die jetzige Situation ähnlich vergleichbar wie vor zehn Jahren? 

Ich glaube, da gibt es zwei Elemente. Die Hochschulen sind heute finanziell besser aufgestellt als vor zehn Jahren. Durch die Tatsache, dass die Zahl an Studierenden sinkt, werden die Hochschulen auch in Teilen durchaus entlastet. Damals sind die Studierendenzahlen die ganze Zeit gestiegen. Die Studierenden selbst kommen aber gerade aus einer Phase von sehr, sehr starker Inflation, die sich wirklich spürbar bemerkbar macht. Der Wohnraum ist immer teurer geworden und wir erleben, dass auch die Belastung natürlich groß ist. Durch Corona und viele andere Entwicklungen ist auch die Situation der Studierenden schlechter geworden. Auf der anderen Seite habe ich, wenn ich an mein eigenes Studium denke, damals für 6,50 Euro an der Kasse gesessen. Ich habe halbtags gearbeitet, BAföG bezogen und einen Studienkredit erhalten, sonst hätte ich nicht studieren können. Heute haben wir immerhin einen Mindestlohn, der zumindest diese Situation massiv verändert. Insgesamt ist die Situation an den Hochschulen besser geworden, aber für die Studierenden ist es auch heute noch sehr hart.  

Dann interessiert uns auch die Frage, wie es jetzt konkret weitergehen wird. Für eine Änderung des Hochschulgesetzes braucht man erstmal ein Gesetzesentwurf. Wie ist der aktuelle Stand? 

Einen Gesetzesentwurf kenne ich bislang nicht, aber ich bin auch kein Fachsprecher. Ich kann aber auch nicht so tun, als würde es etwas nicht geben, nur weil ich es nicht kenne, aber bislang kenne ich da keinen Gesetzesentwurf. Das wird dann aber im Laufe des kommenden Jahres erfolgen müssen. 

Wie schnell wird so ein Gesetz dann geändert. Gibt’s da auch irgendwie konkretere Zeiträume? 

Konkret nicht, aber sowas dauert immer ein paar Monate. Dadurch, dass wir das mit Sicherheit über ein normales Gesetzgebungsverfahren machen, davon gehe ich jetzt aus, würde das heißen, dass es erstmal eine erste Lesung gibt. Dann gibt es eine schriftliche Anhörung im Fachausschuss. Anschließend eine mündliche Anhörung, in der natürlich auch die Studierendenschaften eingeladen werden, weil die auch ihre Position vertreten sollen. Anschließend gibt es eine zweite Lesung, in der dann das Gesetz beschlossen wird. Ich gehe davon aus, dass das im Frühjahr oder Sommer nächsten Jahres der Fall sein wird, aber alle Angaben ohne Gewähr.  

Gibt es denn theoretisch noch eine Möglichkeit, diese Verwaltungsgebühr abzuwenden oder zu verringern oder ist das quasi informell schon beschlossen? 

Den Vorschlag für diese Verwaltungsgebühr hat Karin Prien gemacht. In der Koalition sind wir uns darüber bewusst, dass jedes Haus einen Konsolidierungsbeitrag leisten muss und gucken muss, wie sie mit dem Geld besser zurechtkommen. Natürlich ist das eine der Maßnahmen, die einem schwieriger fällt als andere. Es wäre aber demokratisch falsch, nun so zu tun, als werde nie mehr geredet und als würden wir jetzt alle Schotten dicht machen. Ich gehe davon aus, dass diese Maßnahme kommt, aber trotzdem führen wir jede Debatte, führen auch jedes Gespräch und auch die Studierenden werden bei der Anhörung zu Sprache kommen, um ihre Position darzulegen. Ich gehe aber fest davon aus, dass diese Maßnahme kommt. 

Nächste Woche wird ja die neue Präsidentin gewählt [Anm.d.R.: Das Interview wurde vor der Wahl von Insa Theesfeld zur neuen Präsidentin der CAU geführt]. Denkst du, es gäbe die Möglichkeit, dass keine Verwaltungsgebühr kommt, wenn Sie sich dafür einsetzen würde, und beispielsweise an die Rücklagen der Uni gegangen wird? 

Die Hochschulen sind autonom und wenn jetzt alle Hochschulen sagen, dass sie diese Verwaltungsgebühr nicht wollen, dann zwingen wir sie auch nicht, Geld anzunehmen. Ich habe zumindest wenig Lust, meine Hand für etwas zu heben, bei dem alle Hochschulen sagen ›nein wir wollen das ja eigentlich gar nicht‹. Ich sage das auch, weil ich in der Presse schon den ein oder anderen Präsidiumsvertreter gehört habe, der gesagt hat, dass sie nicht so überzeugt davon seien. Ich werde jetzt hier nicht so tun, als würden wir Sachen, die wir sozusagen ankündigen, nicht machen, aber dann werden wir die Debatte anders führen. Natürlich kann ein Präsidium sich mit der Studierendenschaft im Senat oder auch anders darauf einigen, wo und wie sie diese Mittel ausgeben. Also, ob sie jetzt dazu da sind, Einnahmeausfälle auszugleichen oder ob man damit gestalterisch was anderes machen möchte. Auch das obliegt dem Präsidium. Wir reden da nicht rein und die Hochschulen haben hohe Rücklagen, das ist so. Insbesondere die CAU. Das hat teilweise was mit dem Hochschulpakt zu tun, aber die haben Sie auch schon ganz schön lange. Natürlich kann man auch Rücklagen in solchen schwierigen Zeiten nutzen. Das würde ich auch empfehlen, um auch aus schwierigen Zeiten wieder rauszukommen. 

Stellv. Chefredakteur und Layouter

Joschka studiert seit dem Wintersemester 20/21 Soziologie und Politikwissenschaft und ist seit Ende 2022 Teil des Albrechtsteams. Dazu leitet er seit dem März 2023 das Layoutteam und ist seit Februar 2024 stellvertretende Chefredaktion.