Weibliche LGBTQIA+ Protagonistinnen werden abgesetzt

Wie Bob Marley schon sang: No Woman, No Cry. Auch wenn die Bedeutung eigentlich eine andere ist, als immer vermutet wird, hat sich wohl die Medienlandschaft ein bisschen zu sehr daran orientiert. Sehr häufig werden Serien mit weiblichen LGBTQIA+-Protagonistinnen schon nach der ersten Staffel abgesetzt. Während in den letzten Jahren LGBTQIA+-Serien wie Heartstopper und Young Royals mit neuen Staffeln begeistert haben, wurden A League of their Own und Rise of the Pink Ladies nach jeweils einer Staffel abgesetzt, letztere sogar direkt von ihrem Streaming-Dienst verbannt. Der Unterschied? Das Geschlecht der Hauptcharaktere. Der weibliche Anteil von queeren Charakteren in Serien beträgt 47 Prozent, bei den abgesetzten Serien machen sie schon 53 Prozent aus, das ergibt der Where We Are on TV Report von GLAAD. 

GLAAD ist eine 1985 gegründete NGO, die sich für die Repräsentation von LGBTQIA+-Charakteren im TV und Streaming einsetzt. Seit 2006 erstellen sie jährlich eine Statistik, in der sie – unter bestimmten Kriterien – LGBTQIA+-Charaktere in Serien zählen, die Anteile von Gender, Race, etc. in Statistiken auswerten und die neuen Ergebnisse mit dem Vorjahr vergleichen. Leider zeigte sich in den letzten Jahren eine stärkere Verringerung der Anteile an queeren Charakteren insgesamt, aber vor allem von weiblichen Protagonistinnen. Dem starken Trend der immer zunehmenden Serienabsetzungen musste 2022/23 zum ersten Mal ein eigenes Kapitel im Bericht gewidmet werden, da sie einen großen Einfluss auf die (fehlende) Repräsentation der Queer-Community haben. Die Abbildung von ohnehin unterrepräsentierten Personengruppen ist besonders wichtig und durch die aktuelle Entwicklung gefährdet. 

Jetzt seien Geschichten mit queeren Charakteren wichtiger denn je und das Publikum werde sich in Zukunft immer mehr vergrößern. Diese Themen fänden seit einigen Jahren immer mehr Zugang in der Gesellschaft und dementsprechend sollen auch Charaktere (in Serien) diese Leben widerspiegeln, so Sarah Kate Ellis, Präsidentin und Geschäftsführerin von GLAAD. Eine YouGov-Statistik hat ergeben, dass viele Streaming-Dienst-Nutzer*innen gar nicht erst anfangen, die Serie zu gucken, wenn erst eine Staffel verfügbar ist. Sie warten bis alle Staffeln zur Verfügung stehen, aus Angst vor vorzeitiger Absetzung. Und sowas kommt ja nicht von ungefähr.  

Oh good Friends We’ve lost 

Hier sei einmal die Statistik von 2023 bis 2024 ein bisschen aufgedröselt. Von allen 468 LGBTQIA+-Charakteren werden 170 nicht mehr zurückkehren. Bei 58 davon liegt das am Format der Sendung (Miniserie oder Anthologie) oder weil ein Charakter die Show verlässt oder stirbt. 112 Charaktere kommen nicht wieder, weil die Serie abgesetzt oder beendet wurde. Schaut man sich das mal bei den Streaming-Diensten an, sind es 119 von 327 Charakteren, die vom Bildschirm verschwinden. Im Endeffekt bedeutet das, dass die große Mehrheit der LGBTQIA+-inklusiven Serien aufgrund von Absetzungen nicht mehr weiterproduziert werden. Dabei ist ein Detail ganz besonders auffällig, nämlich, dass mehr als die Hälfte der abgesetzten Serien weibliche Protagonistinnen haben. 

Unmut über diese Situation zeigt sich unter den Fans besonders über die sozialen Medien, Fankampagnen und Petitionen, um ihre Lieblingsserien zu retten und ein Ausdruck von Wut und Irritation über die Produktionsfirmen, die ihre Entscheidungen selten transparent begründen.  

Aufmerksamkeit auf diesen Missstand und die generelle Entwicklung der Qualität und Quantität von Repräsentation könnte zwar positiv stimmen. Doch auch in Zukunft wird den verlorenen Charakteren wohl nachgetrauert werden. „In this bright future you can’t forget your past so dry your tears I say, yeah, no woman, no cry.“

Autor*in

Lisa ist 26 Jahre alt und studiert seit dem Wintersemester 20/21 Deutsch und empirische Sprachwissenschaft auf Fachergänzung. Seit November 2021 ist sie Teil der Redaktion und des Lektoratsteams und hat im Januar 2022 die Leitung des Lektorats übernommen.

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