Ein Einblick in den Alltag von Promo-Jobs
Keine Lust auf nine-to-five? Schnell Geld verdienen und dabei etwas Sinnvolles tun? So oder so ähnlich locken viele Stellenanzeigen von Jobs in der Promotion. Aber nicht alles ist Gold, was glänzt. Ich habe selbst ein Jahr als Promoterin gearbeitet und möchte einen Einblick über die positiven, sowie negativen Aspekte geben und worauf man unbedingt achten sollte, wenn man in der Promotion arbeiten möchte.
Promotion ist nicht gleich Promotion
Es gibt unterschiedliche Arten von Promoter*innen, beispielsweise jene, welche als Host*essen am Messestand ein Produkt erklären, ein Gewinnspiel betreuen, Süßigkeiten verteilen oder Essen zubereiten. Diese Host*essen werden als stationäre Hilfskräfte gebraucht, um den Markenauftritt eines Unternehmens mit einem jungen Gesicht zu schmücken. Abhängig von dem Bundesland kann man auch ohne Vorerfahrung mit 13 Euro bis 20 Euro pro Stunde rechnen, je nachdem wie viel Provision das Unternehmen noch verspricht. Meistens wird man dabei nicht direkt bei dem Unternehmen angestellt, für das geworben wird, sondern bei einer Leiharbeitsfirma, die dann Aufträge von den zu bewerbenden Unternehmen an ihre Arbeitnehmer*innen verteilt. Der Vorteil von Promotionsjobs ist, dass man ohne große Vorerfahrung etwas dazu verdienen kann, interessanten Menschen begegnet und lernt, Verkaufsgespräche zu führen. Man verliert zwangsläufig die Scheu, fremde Menschen anzusprechen, was auch in privaten Situationen hilfreich sein kann.
Reisegruppen und Schattenseiten
Besonders beliebt sind auch Formen wie das Fundraising. Das läuft meistens auch über Agenturen, die damit werben, für namhafte Nichtregierungsorganisationen (kurz NGO’s) zu arbeiten. Bei diesem Konzept kann man von jedem beliebigen Ort in Deutschland aus arbeiten, denn man reist mit einer Gruppe junger Menschen für mehrere Wochen in verschiedene Städte. Besonders Studierende oder Schüler*innen sind die Zielgruppe der Agenturen und dementsprechend sind die Stellenanzeigen auch so formuliert. Von durchschnittlich 2 800 Euro bis zu 3 100 Euro im Monat wird öffentlich geworben. Drei kleine, aber wichtige Wörter in diesem Zusammenhang: durchschnittlich, bis zu. Es ist daher unabdinglich nochmal den Rahmen des Vertrags und somit den Verdienst mit der Agentur im Vorab zu klären.
Ich habe Simon (Name von der Redaktion geändert), der an einer solchen Fundraising-Reise teilgenommen hat, nach seinen Erfahrungen gefragt. Er wurde in einem dreistufigen Bewerbungsverfahren mit Assessment-Center und ausführlichem Briefing ausgewählt und fuhr insgesamt zwei Wochen durch vier Städte. Simon berichtet von einer ausgelassenen Stimmung in der Gruppe während der Reise, frechen Werbesprüchen und regelmäßigen Besuchen des Ordnungsamtes, die nach dem Rechten auf den verschiedenen Fußgängerzonen Deutschlands schauen.
Aber es gibt in diesem Job auch viele Schattenseiten. Simon würde nicht noch einmal an einer solchen Aktion teilnehmen. Er sagt, dass man zwar generell für eine gute Sache wirbt, aber der Lohn für den Aufwand eher gering ausfällt, da man von 7 Uhr morgens bis 19 Uhr abends unterwegs ist und in seinem Fall die Unterkunft direkt vom Lohn abgezogen wurde. Ein weiterer Punkt in Simons Augen ist, dass man dadurch, dass man unterwegs ist und nicht kochen kann, viel Geld während der Reise für die Verpflegung ausgibt. Es wurden zwar 10 Euro pro Tag für Verpflegung von der Agentur kalkuliert, allerdings weiß jeder, der mal den halben Tag in einer Fußgängerzone einer Innenstadt Deutschlands verbracht hat, dass 10 Euro pro Tag nicht gerade viel ist.
Meine persönliche Erfahrung
Im Gegensatz dazu habe ich in meiner Karriere als Promoterin die meiste Zeit stationär gearbeitet. Das heißt, ich bin zu einer geplanten Veranstaltung in der Nähe meiner Stadt gefahren und habe dort Promotionsmaterial verteilt. Als Promoterin bestand meine Hauptaufgabe darin, Bewusstsein und Interesse für ein Produkt, eine Dienstleistung oder eine Veranstaltung zu wecken. Ich habe zum Beispiel Flyer und Süßigkeiten in einer Fußgängerzone verteilt, Gewinnspiele in Einkaufszentren veranstaltet oder wilde Kundengespräche über Produkte geführt, für die ich oft nicht genug gebrieft wurde. Im Vorab wurde (wenn überhaupt) eine kurze PDF mitgeschickt, die in groben Zügen die Promotions-Aktion erklärt. Der Nachteil an der Arbeit ist in meinen Augen ein mangelndes Sicherheitskonzept, vor allem für weiblich gelesene Personen.
Einmal unterhielt ich mich mit einem Herrn vor dem Geschäft, und nach einer zwanzigminütigen Diskussion holte er verschiedene Messer hervor, um sie mir „zu zeigen”. Ich wurde an die Schaufensterscheibe gedrängt und meine Kollegin rettete mich aus der Situation, indem sie drohte, die Polizei zu rufen. Ich hatte zu diesem Zeitpunkt kein Telefon dabei, da dies nicht erlaubt war. Auch auf Messen oder im Stadion kam es oft genug vor, dass ich von Betrunkenen belästigt worden bin. Da ich aber über die Leiharbeitsfirma angestellt war, hatte ich in solchen Fällen keinen direkten Ansprechpartner vor Ort, sondern war auf die Hilfe der Mitmenschen angewiesen. Besonders dann, wenn ich den Stand alleine betreute. Letztendlich ist man als Promoter*in in den Augen der Unternehmen ein Marketinginstrument, dessen Aufgabe es ist, den Umsatz anzukurbeln und die Marktpräsenz der Marke zu verbessern. Ein Feedbackbogen, auf dem die Anzahl der verteilten Werbemittel notiert wird, reicht meiner Meinung nach nicht aus, um solche Themen ausreichend zu besprechen.
Ähnlich wie Simon würde auch ich es mir in Zukunft noch einmal gut überlegen, in diesem Bereich zu arbeiten. Obwohl ich auch viele positive Erfahrungen gemacht habe, überwiegen für mich persönlich die negativen. Bevor ich mich nochmal dafür entscheide, wieder in der Promotion zu arbeiten, werde ich mir im Vorab sehr genau anschauen, in welches Umfeld ich mich begebe. Eine Sensibilisierung bei den Arbeitgeber*innen für diese Probleme wäre hilfreich, um in Zukunft ein noch sichereres Arbeitsumfeld zu schaffen.
Veronique studiert Soziologie und Politikwissenschaft. Ihre Freizeit verbringt sie gerne in der Natur und auf Reisen. Aufgrund ihrer Liebe zum Meer ist Veronique in den Norden gezogen und entdeckt ihre neue Wahlheimat für sich.