120 Mio. $, 45 Mio. $, 37 Mio. $. Bei solchen Summen wird selbst die breite Öffentlichkeit aufmerksam. Sie wurden kürzlich bei Auktionen für die Kunstwerke, „Der Schrei“ von Edvard Munch, „Sleeping Girl“ von Roy Lichtenstein und Double Elvis“ von Andy Warhol erzielt.
Der Kunstmarkt gilt als Musterbeispiel für den perfekten Markt. Ein eindeutiges Angebot (Bild) trifft auf die Nachfrage (Käufer), wobei die Preisbildung nicht immer transparent ist. Emotionen und Intuition auf der Nachfrageseite haben die Preise in den letzten Jahren stark ansteigen lassen. Erleben wir wieder einmal eine herdengetriebene Blase? Dieses Mal nur auf dem exotischen Kunstmarkt? Kunst hat schon immer Liebhaber gehabt, die bereit waren, viel Geld dafür zu bezahlen. Aber durch die globale Krise auf den Finanzmärkten und einer expansiven Geldpolitik der Notenbanken werden jetzt völlig neue Käuferschichten angesprochen. Und eines scheint bei diesen enorm hohen Preisen klar zu sein: Renditestreben ersetzt das intellektuelle Interesse an der Kunst. Kunst wird zum Investment.
Viele Käufer kommen aus den sogenannten neuen Märkten. Milliardäre aus dem mittleren Osten, Russland, China und Brasilien suchen nach neuen Möglichkeiten, ihr Portfolio abzurunden. Finanzprodukte waren in der Vergangenheit risikobehaftet. Jetzt kauft man Kunst. Besonders begehrt sind Kunstwerke mit robuster Preisstabilität und viel Entwicklungspotenzial. Tiefgründige Fachkenntnisse für Kunst sind ebenso gefragt wie Gespür und ein Quäntchen Glück. Laut einer Umfrage können sich ein Fünftel der Privatanleger vorstellen, in den Kunstmarkt zu investieren, und 50 Prozent würden momentan Sachwerte wie Kunstwerke Wertpapieren vorziehen. Ähnliche Tendenzen zeigt auch der weltweite Kunstindex „Mei Moses All Art“, der die durchschnittliche Rendite von auf Auktionen gehandelten Kunstwerken ermittelt. Jener stieg seit August letzten Jahres um 10,2 Prozent an, während im gleichen Zeitraum die Preise für Finanzprodukte stark an Wert verloren haben. Aber wie alle vielversprechenden Vermögensanlagen ist auch ein Investment in Kunst mit Risiko behaftet. Oft müssen die Käufer über riesige Summen von Geld verfügen, um ernsthaft am Kunstmarkt teilnehmen zu können, sodass der Markt als Spielwiese der Reichen gilt. Ein allzu hohes Risiko wird also nicht eingegangen. Unsereins kauft sich eine schöne Uhr, Mega-Reiche Kunstsammler sehen sich nach einem Picasso, Dali und Richter um.
Der Kunstmarkt. Ein elitärer, undurchsichtiger Kreis? Wie kann ich teilnehmen? Kann ich mit Omas altem Bild im Wohnzimmer reich werden? Die Menge an Künstlern und ihren Werken nimmt stetig zu. Der Großteil der zeitgenössischen Kunst hat es schwer, wahrgenommen zu werden. Besonders begehrt sind Werke von Künstlern aus dem 16.-19. Jahrhundert. Odermoderne Kunst des im letzten Jahr verstorbenen Pop-Art Begründers Richard Hamilton. Auch die Gruppe um Andy Warhol und Roy Lichtenstein erfreut sich überaus großer Beliebtheit bei Sammlern. Wer sich für Fotographien interessiert, der achtet darauf, dass die Auflage so gering wie möglich ist. Auf internationalen Kunstmessen erkennt man bereits neue Ströme. Die junge polnische Szene um Slawomir Elsner und Katarzyna Kozyra erweist sich als „one-towatch“.
Wie bei allen Trends und Investments gilt hier auch: Entwicklungen in der Zukunft lassen sich nie sicher voraussagen. Wer sich auf die brisante Mischung aus der Rationalität der Märkte und der Emotionalität der Kunst einlässt, auf den warten garantiert aufregende Überraschungen.
Richard war bis 2012 Leiter des Kulturressorts.