Einsamkeit in der WG 

Wenn ich die Tür hinter mir schließe, empfängt mich kein „Hallo”, kein „Wie war dein Tag?”. Nur dumpfe Geräusche aus dem Zimmer meines Mitbewohners lassen mich wissen, dass ich nicht alleine bin. Bevor mich die Stille der WG erdrückt, schalte ich schnell meine Bluetooth-Box ein und lasse Musik oder einen Podcast laufen. Dabei wären mir reale Stimmen deutlich lieber. Obwohl ich nicht nach einer Zweck-WG gesucht habe, bin ich inzwischen wohl doch in einer gelandet. 

Von Gemeinsamkeit zu Einsamkeit 

Manchmal vergeht mehr als eine Woche, ohne dass ich in meiner WG einem Menschen begegne. Dabei verbringe ich immer extra viel Zeit in der Küche und nicht in meinem Zimmer. Ständig in der Hoffnung, dass meine Mitbewohnerin mal wieder von ihrem Freund den Weg nach Hause findet oder mein Mitbewohner doch nochmal sein Zimmer verlässt. Dieser hat nämlich seit seinem Ausbildungsbeginn einen komplett anderen Lebensrhythmus als ich. Meistens verlässt er schon vor sechs Uhr morgens das Haus, eine Zeit, in der ich am liebsten noch im Reich der Träume vor mich hinschlummere. Leider hat dies zur Folge, dass er abends schon im Bett liegt, wenn ich bereit für gemeinsame Unternehmungen bin, wie eine Serie zu gucken. Karten spielen oder containern. Meine Mitbewohnerin, ebenfalls Studentin, hat einen ähnlichen Tagesablauf wie ich. Bevor sie ihren Freund kennengelernt hat, trafen wir uns häufig beim Essen in der Küche, fuhren gemeinsam in die Uni oder starteten spontane Aktionen. Inzwischen fühlt es sich so an, als ob sie nicht mehr hier wohnen würde. Eines Abends saß ich alleine in der Küche, kaute auf einer Scheibe Brot und realisierte, dass ich mich verdammt einsam fühle. Ich möchte soziale Interaktion in meiner WG haben! Vor allem da ich als introvertierte Person keinen übermäßig großen Freundeskreis habe und nicht jeden Abend auf Achse bin, fehlen mir die sozialen Kontakte, die ich früher regelmäßig hatte, ohne dafür das Haus verlassen zu müssen. 

Damit bin ich nicht alleine 

Geschockt von dieser Selbsterkenntnis und dem großen Bedürfnis darüber zu sprechen, vertraute ich mich am nächsten Tag nach der Vorlesung einigen Kommiliton:innen an. Entgegen meiner Erwartung teilten sie mit mir eigene Erfahrungen und ich stellte beruhigt fest, dass fast jede:r aus meinem Umfeld sich schon mal einsam in der WG, Wohnung oder im Wohnheimzimmer gefühlt hat. Sei es, weil sie keinen Anschluss gefunden haben, ihre Mitbewohnis plötzlich viel mit ihrem eigenen Leben zu tun hatten oder weil sich die tolle, offene, freundliche Wohngemeinschaft nach dem Einzug doch eher als reine Zweckgemeinschaft entpuppt hat. Falls ihr euch also auch ab und zu einsam in eurer Bleibe fühlt, ihr seid damit auf jeden Fall nicht alleine. 

Und an Marie, falls du das hier liest, komm nach Hause!  

Autor*in

Franzi studiert Psychologie, Pädagogik und Soziologie und schreibt seit Beginn des Wintersemesters 22/23 für den ALBRECHT.

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