Ein Kommentar von Felix Rudroff.
Liebe Frau Merkel,
Lieber Herr Seehofer,
Lieber Herr Gabriel,
„Deutschlands Zukunft gestalten“ – so steht es auf Ihrem Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD. Nun frage ich mich was Sie eigentlich darunter verstehen?
Bei mir ist eigentlich alles okay. Ich kann nach meinen Interessen studieren. Ziemlich sorglos leben. Viele Dinge tun, die mir Spaß machen und meine Freiheit genießen. Aber irgendwas sagt mir, wenn es um die Zukunft geht, sollte man genau hinschauen.
Okay: Zukunft gestalten. Klingt ja erstmal vernünftig, wenn auch nicht wirklich progressiv. Eher so nach Pflicht ohne Vision. Ja, ich weiß, große Koalition – geht wohl nicht anders.
Trotzdem frage ich mich: Von wem wird hier für wen Zukunft gestaltet? Was springt heraus für meine Generation? Was wird sich durch diesen Vertrag verändern? Wer profitiert? Diese Fragen sollten öffentlich gestellt und diskutiert werden. Das ist wichtig, damit sich Deutschland weiterentwickelt, so dass auch die nächste Generation ihre Freiheit genießen und noch Dinge tun kann, die Spaß machen.
Es gibt viele Themen, die mich bewegen, über die ich mir gelegentlich den Kopf zerbreche. Es geht um Themen, die nicht nur mich bewegen, sondern sehr viele in meiner Generation. Auch wenn es oft so wirken mag, aber die „jungen Leute“ sind nicht alle vollkommen unpolitisch. Uns ist nicht alles egal und auch wir sind öfter mal unterschiedlicher Meinung. Vielleicht sollten wir das häufiger öffentlich zeigen, damit wir nicht in Vergessenheit geraten.
Sie gehören grob in die Generation meiner Eltern. Sie kommen für mich zwar aus einer anderen Zeit, sind aber gewiss keine Außerirdischen. Nein, sie sind sind ziemlich irdische Verantwortungsträger. Dessen sollten Sie sich bewusst sein und versuchen für alle da zu sein. Für Bürgerinnen und Bürger aller Generationen.
Ich wurde in einem Deutschland ohne Mauer geboren und bin in ein Europa offener Grenzen hineingewachsen. Mit dem Internet bin ich groß geworden. Es ist für mich Ausdruck einer globalisierten Welt, offen für alle. Und es ist für mich kein Neuland.
Ohne Zweifel. In ihrer Kindheit, Jugend und Studienzeit war die Welt eine andere.
Nun zu ihrem Koalitionsvertrag. Da waren viele engagierte Menschen beteiligt. Alle haben Kompromisse errungen und Niederlagen eingesteckt. Dass hier kein leichter Job gemacht wurde ist mir bewusst. Harte Arbeit verdient Respekt.
Einige Fragen, die mir besonders mit Blick auf die Zukunft wichtig erscheinen, stellen sich mir jedoch.
Datenschutz? Ja, zur Vorratsdatenspeicherung. Energiewende? Wird gebremst. Klimaschutz? Ja, zur Kohlekraft. Bildung? Nichts Konkretes. Gleichberechtigung gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften? Nichts Neues. Veränderungen im Steuersystem? Nein. Einheitliche Bürgerversicherung? Nein. Doppelte Staatsbürgerschaft? Kompromiss.
Wo wurden stattdessen die Prioritäten gesetzt? Mindestlohn. Ja, finde ich sehr wichtig – gutes Signal für die Zukunft. Rente mit 63 und Mütterrente. Ja, okay scheint fair. PKW-Maut für Ausländer. Bitte was? Kostet Deutschland jetzt Eintritt? Keine neuen Schulden. Klingt vernünftig, aber zu welchem Preis?
Ich resümiere: Wir wollen die Rentner und Rentnerinnen besser stellen, die Steuern nicht neu organisieren, die Energiewende verlangsamen und bei Klima- und Datenschutz legen wir den Rückwärtsgang ein.
Sieht das nach „Zukunft gestalten“ aus? Meine Generation wird jedenfalls auch in den nächsten vier Jahren sehr genau hinschauen müssen, was sich in Sachen Zukunft so tut. Ich habe eigentlich nur eine Bitte: Vergesst uns nicht!
Danke!
Foto: Andrea Damm
Felix studiert Politikwissenschaft und Soziologie und war 2012 bis 2014 Redakteur des Albrechts. Er setzte sich vor allem mit gesellschaftlichen Themen auseinander.