Kindheitshelden: Die Olchis

„Schleime-Schlamm-und-Käsefuß, das Leben ist ein Hochgenuss!“, schießt es mir durch den Kopf, als die Sonnenstrahlen mich wachküssen und ich mich aus meiner Olchi-Bettwäsche räkel. Ein Zufallsfund auf Kleinanzeigen. Ein Glückstreffer, von dem ich nicht wusste, dass ich ihn brauche. Aber seit die beiden Olchikinder mein Bett verschönern, bin ich im nostalgischen Olchifieber.  

Doch was ist überhaupt ein Olchi? Ein Olchi ist ein grünes Wesen mit drei Hörhörnern, mit denen es sogar die Regenwürmer husten hören kann. Und das Besondere an ihnen ist, dass ein Olchi Müll isst. Somit findet man die Olchifamilie auf der Müllkippe bei Schmuddelfing. Dort haben sie es sich in einer Höhle gemütlich gemacht und meiden schöne Sonnentage. Kielwetter ist also Olchiwetter. Sie lieben es, in Schlammpfützen zu hüpfen oder sich ein Schlammbad einzulassen. Nicht zu vergessen, Feuerstuhl. Der Drache mit Auspuff, der Teil der Olchifamilie ist und diese überall hinbefördert.  

Es wird geflucht und Unordnung geschaffen, wo es nur geht. Etwas, was in den meisten Familien ein großes Tabu darstellt. Vielleicht fand ich deswegen die Olchis als Kind so unfassbar toll. Ich erinnere mich an viele Abende, an denen mein Vater meinen Geschwistern und mir aus unserem von Autor Erhard Dietl signierten Olchi-Sammelband vorgelesen hat. Obwohl es inzwischen fast 30 Bücher über die Olchis gibt, sowie zahlreiche Hörspiele und sogar einen Film, konnte ich mich nur an die wenigen Geschichten erinnern, die wir Zuhause hatten. Umso schöner, dass ich nun in meiner Olchi-Bettwäsche liegen und auch neuen Abenteuern der grünen Familie auf Spotify lauschen kann.

Denn die Olchis verbringen ihre Zeit nicht nur mit Schlammknödelwerfen, sondern erleben allerhand. Zum Beispiel machen die Olchikinder die Grundschule in Schmuddelfing unsicher, probieren die Blockflöte (schmeckt gut) und knabbern am Tafellineal. Welch eine Freude das für die Schulkinder gewesen sein muss, als die Olchis die Musik- und Sportstunde aufgewirbelt haben. Häufig saß ich im Schulunterricht und habe mir vorgestellt, wie Feuerstuhl auf dem Lehrerparkplatz abgestellt wird und die beiden Olchikinder gleich ihre großen Knubbelnasen in unser Klassenzimmer stecken. Beim Weitsprung habe ich mich immer danach gesehnt, auch ein Olchi zu sein und wie die Olchikinder über die Sprunggrube hinwegzusegeln.  

Ansonsten waren die Olchis auch auf dem Mond und haben dort ihresgleichen getroffen. Aber auch auf der heimatlichen Müllkippe machten sie Bekanntschaft mit einem blauen Olchi aus den blauen Bergen, der schrecklich Heimweh hat. Inzwischen gibt es auch eine Olchi-Detektiv-Reihe, in der die Olchis aus Schmuddelfing dem Olchi-Detektiv Mister Paddock und seinem Assistenten Dumpy bei kniffligen Fällen in London zur Seite stehen. In anderen Büchern wiederum reisen Teile der grünen Familie mit Hilfe einer Zeitmaschine von Professor Brausewein in der Zeit und zugleich an andere Orte. Leider gibt es auch Geschichten, die kritisch zu hinterfragen sind. Zum Beispiel vermittelt Die Olchis im Land der Indianer stereotypische Vorstellungen über Native Americans. 

So sehr die Geschichten der Olchis die uns bekannte Welt auf den Kopf stellen, fällt auch auf, wie sehr sie aber doch in unserer Gesellschaft verwurzelt sind. Beispielsweise ist die Rollenverteilung innerhalb der Familie sehr traditionell. So ist es die Olchi-Mama, welche leckere Schuhsohlen brät und der Olchi-Papa, der ständig am Werkeln ist. Aber immerhin sind die Kinder einfach nur die Olchi-Kinder, die selbstbestimmt ihre Kindheit auf der Müllkippe ausleben können und das ein oder andere Abenteuer erleben. Des Weiteren frage ich mich inzwischen auch, ob Olchi-Opa, der stets am Fahrradöl nippt und Geschichten erzählt, als Repräsentant für akzeptierten Alkoholismus steht. 

Nichtsdestotrotz schwelge ich gerne in Kindheitserinnerungen und erfreue mich an den Olchi-Hörspielen. Denn sie zaubern mir ein Grinsen ins Gesicht. Nur leider hat mich der Zeichentrickfilm über die Olchis, der 2021 erschienen ist und den ich mir eingekuschelt in meine neue Lieblingsbettwäsche angeschaut habe, nicht gecatcht. Für mich hat er leider zu wenig Ähnlichkeit mit den Olchis aus meiner Kindheit. Zum Beispiel fehlen die scharfen Zähne der Olchis. Also lasst euch lieber von den älteren Hörspielen und dem Olchilied in den Schlaf begleiten. Und wer sonst Die drei ??? zum Einschlafen hört, kann ja mal die Olchi-Detektiv-Reihe ausprobieren. Vielleicht schleicht sich so eine Welt mit weniger Müll in eure Träume. Denn dafür wären die Olchis auf jeden Fall die nachhaltigste Lösung. 

Autor*in

Franzi studiert Psychologie, Pädagogik und Soziologie und schreibt seit Beginn des Wintersemesters 22/23 für den ALBRECHT.

Share.
Leave A Reply