Die Stunde der Dunkelheit bricht an, und das im wahrsten Sinne des Wortes. Am 26. März beschloss das EU-Parlament die Abschaffung der Zeitumstellung, welche bis dato alljährlich am letzten Sonntag im März und am letzten Sonntag im Oktober stattfindet. Durch die Umstellung von der Winterzeit auf die Sommerzeit wird in den Mitgliedsländern der Europäischen Union die Uhr eine Stunde vorgestellt und beschert uns so abends eine Stunde mehr Sonnenlicht. Aber das voraussichtlich nur noch zwei Jahre, bis 2021, dann soll jedes Mitgliedsland selbst entscheiden, ob es mit einer dauerhaften Winter- oder Sommerzeit leben will.

Das scheint wohl das Problem der zweimaligen Zeitumstellung im Jahr zu beheben, aber wenn jedes Land sich für eine andere Zeit entscheidet, haben wir bald einen Flickenteppich an Winter- und Sommerzeit in Europa. Ob das so viel praktischer ist, wage ich zu bezweifeln.

Und ist es nicht das Allerbeste am Sommer, wenn abends um halb elf am Strand mit einem Glas Weißwein noch die allerletzten orangeroten Streifen am Horizont erhascht werden können? Welch Barbarei es wäre, uns dieser einen Stunde Glückseligkeit zu berauben! Kein einziger eingefleischter Frühaufsteher wird mich jemals von den Vorzügen eines Sonnenaufgangs um halb fünf überzeugen können. Setzt euch gerne mit eurem Latte Macchiato hin und genießt die Morgenstunde, die ihr gewonnen habt, während ich mir noch drei Stunden Schlaf gönne.

Natürlich haben sich die Abschaffungsbefürworter, welche die dauerhafte Winterzeit einführen möchten, schon zusammengerottet und auf einer Website alle ihre Argumente zusammengetragen. Anscheinend wird mir mein langer Sommerabend nicht vergönnt, denn ich könnte auch morgens einfach eine Stunde früher aufstehen. Und die armen Leute, die früher ins Bett müssen und dann dabei noch strahlender Sonnenschein herrscht! Außerdem sei die Winterzeit die Normalzeit, und kein Land dürfe sich anmaßen, über die Zeit zu bestimmen. Wenn es aber mal genau betrachtet wird, ist Zeit sowieso nichts anderes, als eine physikalische Größeneinheit, die niemand beeinflussen kann. Und die Uhrzeiten, mit denen wir leben, sind eine von uns geschaffene Hilfe, um unseren Alltag zu strukturieren, und können somit sehr wohl auch geändert werden. Wenn Veränderung immer gleich den Tod bedeuten würde, würden wir wohl noch im Mittelalter festhängen.

Vielleicht beschließt Deutschland bald, die beste Zeit zum Lernen und Arbeiten sei nachts, und Knoppers wird dann zur Abendmahlzeit.

Ein Fünkchen Hoffnung gibt es aber dennoch für alle Late-Night-Sonnenanbeter*innen: Bevor diese Regelung tatsächlich in Kraft tritt, müssen erst alle Mitgliedsstaaten verhandeln und sich einigen, worauf dann nochmals eine Abstimmung des Parlaments folgt.

Und seien wir mal ehrlich: Mehr Lebenszeit verschafft uns weder die Zeitumstellung noch deren Abschaffung.

Autor*in

Nadine ist 22 Jahre alt und studiert Germanistik und Medienwissenschaft im Master an der CAU. Seit Oktober 2018 ist sie Teil der Albrecht-Redaktion und hat vom Sommersemester 2019 bis Sommersemester 2020 das Kulturressort geleitet. Nun kümmert sie sich um die Social Media-Präsenz, schreibt aber auch noch fleißig Artikel.

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