Brutal zerplatzte Träume bei den Oscar-Nominierungen 2024
Es wäre ein Leichtes gewesen, diese Oscars von der Witzveranstaltung der Golden Globes abzuheben und den Beweis zu liefern, dass Hollywood mehr sein will als ein patriarchales ‚Mojo-Dojo-Casa-Haus‘ im großen Stil. Doch die Traumfabrik ist offenbar nicht bereit für den pinken Traumhaus-Anstrich. Die fehlende Präsenz von Greta Gerwig und Margot Robbie auf den Nominierungslisten ist dahingehend eine Klatsche, die Will Smiths Ohrfeigen-Debakel von 2022 Konkurrenz macht.
Obwohl Barbie im vergangenen Sommer für tausende Popcorn-Häufchen unter den Kinositzen verantwortlich war, gehen die Erschafferinnen empörenderweise schon vor der Vergabe der Oscars leer aus. Aber möglicherweise wird ja America Ferrera Gelegenheit gegeben, ihr Manifest zur Rolle der Frau in unserer Gesellschaft in einer Dankesrede zu zitieren. In der Kategorie ‚Beste Nebendarstellerin’ vertritt mit ihr immerhin eine einzelnominierte Frau den sehr weiblichen Cast von Barbie. Auch Ryan Gosling, der als ‚Bester Nebendarsteller’ nominiert ist, kommt diese ‚Kenergy’ der Academy nicht zu pass. In einem Statement betonte er, dass es keinen Ken ohne Barbie gebe und erst recht nicht seinen Einzelerfolg ohne die Arbeit der beiden Frauen. Sollte Gosling allerdings den Doppelerfolg einfahren, für den er nominiert ist, kann er immerhin singend auf seine Rolle hinweisen: „I’m just Ken!”.
Mischt man nun Ryan Goslings Nominierungen für ‚besten Nebendarsteller’ und ‚bester Song’ mit Emma Stones Ehrung als mögliche beste Hauptdarstellerin, erzeugt das doch einen sehr wirren Déjà-vu-Moment beim geschulten Oscar-Publikum. Werden wir am Ende etwa eine Wiederholung des Lalaland-Versprechers erleben, wenn statt Oppenheimer versehentlich Barbie als bester Film gekürt wird? Es bleibt abzuwarten.
Bemerkenswert sind dieses Jahr insbesondere die kleineren Kategorien. Teils offensichtlich, teils verkappt treten dieses Jahr mehrere Deutsche bei den Oscars in Erscheinung. Der Hamburger Wim Wenders geht für Japan mit Perfect Days ins Rennen und konkurriert intern mit İlker Çataks Das Lehrerzimmer um den deutschen Regiepreis. Society of the Snow von Juan Antonio Bayona könnte dabei eine ernsthafte Konkurrenz darstellen. Mit dem Kannibalismus-Dilemma, welches 1972 auf einen Flugzeugabsturz in den Anden folgte, fügt sich der spanische Film in die Reihe der Moralfilme in diesem Oscar-Jahr. Lauter kann dagegen Sandra Hüller auf sich aufmerksam machen. Mit ihrer Nominierung als ‚beste Hauptdarstellerin’ im französischen Thrillerdrama Anatomie eines Falles ist sie auf gutem Wege, sich als großer internationaler Star aufzustellen.
Lena studiert Medienwissenschaft und Anglistik und leitet seit Januar 2024 das Kultur-Ressort. Seit November 2020 ist sie Teil der Albrecht-Redaktion, wo sie über Theater, Kino, Oper, Literatur schreibt. Selten verirrt sie sich auch in Themen der Hochschule und Gesellschaft.