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Das ging dieses Jahr aber schnell: Kaum sind Schnee und Eis verschwunden, beginnt auch schon die Festivalsaison. Auch 2013 steht wieder eine Vielzahl unterschiedlichster Veranstaltung in den Startlöchern bei denen das Zelt das Iglu und die Dosenpyramide den Schneemann ablöst. Der Albrecht wirft ein Schlaglicht auf die Großen und die Kleinen, die Unvermeidlichen und die leicht übersehbaren, die Traditionalisten und die Neulinge, die unsere Freizeitplanung in den kommenden Monaten bestimmen werden. Natürlich nur solange der Winter kein Comeback startet.

Rock am See (31. Mai-1. Juni; Schacht-Audorf bei Rendsburg)

Der Slogan ist mal eher suboptimal: „Wir sprechen deutsch – ehrlich und laut.“ So bewirbt sich „Rock am See“ und versteht das vermutlich als Synonym für die stilistische Ausrichtung seiner Bands. Wer nicht sonderlich national fixiert ist, liest freilich: „Wir wählen NPD und scheuchen Asylanten um den Block“ – vor allem wenn die Böhse-Onkelz-Tributisten  „Kneipenterroristen“ oben im Line-Up geführt werden. Der nominelle Headliner „Luxuslärm“ relativiert diesen Eindruck allerdings, die treuen „Silbermond“-Epigonen sind politisch korrekt bis zur Schmerzgrenze – und führen damit das Festivalmotto eigentlich ad absurdum. Originalität darf das Publikum beim „Rock am See“ somit eher nicht erwarten, dafür aber ein schön ambivalentes Wochenende. Und wenn man schon mal da ist, kann man sich auch gleich versichern, dass hier keine Onkelz- und Silbermond-Fans heimlich gemeinsam an einer „neuen deutschen Welle“ basteln – eine Kombination aus Beiden wäre dann doch mehr „ehrlich und laut“ als es irgendwer ertragen könnte.

Line-Up: Luxuslärm, Kneipenterroristen, Planet Emily, B 206, Die Bonkers, Störte Priester, Besser als Gestern, Fahrlässig, Männerurlaub, Dead Shepherd u.a. Festivalticket: 34,90 Euro; 2.500 Besucher.

Wilwarin (7.-8. Juni, Ellerdorf bei Rendsburg)

Das Wilwarin vom letzten Jahr.
Das Wilwarin vom letzten Jahr.

Seit Ende der Neunziger beackert das Wilwarin nun schon ein Ellerdorfer Wald- und Wiesengrundstück und darf sich somit guten Gewissens zu den traditionsreichsten norddeutschen Festivals zählen. Die musikalische Devise dabei gleichgeblieben: Den Schwerpunkt bilden Punk und Hardcore, daneben geht von Reggae über Elektro bis hin zu Swing aber auch alles andere, solange es nur kein Mainstream ist. Ja, hier lebt er noch, der subkulturelle Charme, in der liebevoll in Handarbeit zusammengeklöppelten Deko und den freundlichsten Securitys des Bundeslands. Hier kontrollieren Freunde und Bekannte des Festivals und keine aus dem Nachtleben abgeworbenen Hormonbullen. Diese Do-it-Yourself-Ethik hat allerdings auch seine Nachteile: Die Organisation lief zuletzt nicht immer so rund, wie man es sich wünschen würde und die Aufwärtsspirale in der sich die Ticketpreise seit einigen Jahren befinden schlägt hier auch ordentlich zu Buche. Für stolze 55 Euro bekommt man 2013 dann aber auch das wohl hochkarätigste (und eklektischste) Line-Up in der Festivalhistorie. Und Bier zum unschlagbaren Preis von 1,50.

Line-Up: Asian Dub Foundation, Snuff, Blackmail, Die Liga der gewöhnlichen Gentlemen, Kadavar, Feine Sahne Fischfilet, Lokalmatadore, Captain Capa, Apologies I have None, Alice Francis u.a. Festivalticket: 55 Euro; ca. 4.000 Besucher.

Santiano Open Air (7. Juli, Glücksburg)

Santiano sind wie der freundliche Dealer von nebenan: Erst spielen sie quasi für lau auf sämtlich Heringstagen, Wikingerfestspielen und Wattolympiaden, doch kaum ist das Publikum mit kernigen Seemannsliedern angefixt, wird es dann zur Kasse gebeten. Das geht mit eigenem Festival natürlich am besten, selbst wenn das offiziell irreführenderweise unter dem Banner „Midsummer Night Open Air“ firmiert. „Santiano Open Air“ wäre natürlich die eigentlich korrekte Bezeichnung, denn neben den Headlinern wird das Billing mal wieder von den Pausenfüllern dominiert, die immer dort spielen, wo ein Bühnenaufgang ein paar Minuten unbeaufsichtigt bleibt. Hervor sticht lediglich die zweite Spitze, der unkaputtbare Joachim Witt. Der hat mit „Wann kommt die Flut“ mindestens einen maritimen Gassenhauer im Programm und liegt daher mit den Kuratoren voll auf einer Wellenlänge. Seebären unter sich.

Line-Up: Santiano, Joachim Witt, Björn Paulsen und die Freizeithelden, Tequila and the Sunrise Gang, Illegal 2001, Büro am Strand, Dave Ashby. Festivalticket: 45 Euro.

Wacken Open Air (1.-3. August, Gribbohm bei Itzehoe)

Wacken bei Nacht.
Wacken bei Nacht.

Was kann man noch über das Wacken erzählen, das nicht schon längst jedem bekannt ist? Vielleicht dieses Detail: Wer auf Wacken (das Festival) will, muss erst einmal durch Wacken (das Dorf) durch – die Campingareale liegen nämlich in den Nachbardörfern Gribbohm und Holstenniendorf. Warum werden die eigentlich nicht im Namen geführt? Ansonsten gilt auch 2013: Das kultisch verehrte Heavy Metal Open Air ist das Spring Break der norddeutschen Äcker, nur mit besserer Musik und einem Publikum, das man lieber nicht in Badekleidung sehen möchte. Besonderheiten sind dieses Jahr eines der besten Line-Ups der Festivalgeschichte und die Tatsache, dass man bereits seit November ausverkauft ist – ein interner Rekord, von dem Rock am Ring oder Hurricane träumen. Wer trotzdem noch in Holstenniendorf campieren will, versucht sein Glück auf der festival-eigenen Online-Tauschbörse oder klaut Tickets bei Freunden und Verwandten die schneller waren.

Line-Up: Rammstein, Alice Cooper, Motörhead, Deep Purple, Nightwish, Danzig, Callejon, Anthrax, Sabaton, Subway to Sally u.v.m. Festivalticket: ausverkauft; ca. 100.000 Besucher.

Baltic Open Air (23.-24. August, Schleswig)

Was soll man von einer Veranstaltung halten, die erst seit zwei Jahren existiert und sich trotzdem auf seiner Website schon vollmundig als „legendäres Festival“ anpreist? Und das obwohl man seit 2011 weder in punkto Publikumsresonanz noch bezüglich der musikalischen Darbietungen Außergewöhnliches aufweisen konnte? Zu Redaktionsschluss stand noch nicht fest, ob die Veranstalter des Baltic Open Airs in Hundejahren zählen oder schlicht eingefleischte Pippi-Langstrumpf-Fans sind – auf jeden Fall machen sie sich die Welt widde-widde-wie sie ihnen gefällt. Eine Legende gibt’s dann allerdings doch zu bestaunen: Mit der Verpflichtung des jüngst wieder von den Toten auferstandenen Schlagerfossils Heino ist dem Festival ein echter Coup gelungen. Von der Hälfte des restlichen Line-Ups hingegen hat auch der gut informierte Festivalgänger noch nie etwas gehört, was natürlich nicht ausschließt, dass Bands wie Hardbone oder Zanity in der Parallelwelt des Festivals bereits Superstars sind.

Line-Up: Heino, Helloween, Saga, Torfrock, Barock, Timetravellers, Hardbone, Zanity, Völkerball, Kiss Forever. Festivalticket: 49 Euro; ca. 10.000 Besucher.

Metal Hammer Paradise/Rolling Stone Weekender (15.-23. November, Weissenhäuser Strand)

Die After-Show-Party der Festivalsaison steigt seit vier Jahren in einer Ferienanlage am Weissenhäuser-Strand. Sind alle Knochenbrüche verheilt, die man sich in den vorangegangenen Monaten zugezogen hat und der jährliche Alkoholentzug erfolgreich absolviert, trifft man sich hier seit 2009 zum „Weekender“ des „Rolling-Stone“-Magazins. Das Konzept eines komfortablen Indoor-Festivals einschließlich Hotelzimmers erwies sich als so erfolgreich, dass die Schwester-Postille „Metal Hammer“ eine Woche vorher erstmals einen eigenen Ableger der Veranstaltung organisiert. Das bisherige Line-Up liest sich dabei recht ansprechend und man darf gespannt sein, ob die Trümmer dieser „Metal Hammer Paradise“ genannten Feier bereits vollständig beseitigt sind, wenn am Wochenende darauf die ersten „Weekender“-Gäste eintreffen. Im Anschluss ist dann auf jeden Fall erst einmal wieder Winter, bevor die Saison dann im Mai erneut beginnt. Es gibt halt nur noch zwei Jahreszeiten.

Metal Hammer Paradise: 15.+16.11. Line-Up: Sabaton, Tiamat, Grave Digger, My Dying Bride, Belphegor, Dragonforce, Death Angel, The Answer. Tickets ab 129 Euro, inclusive Hotelzimmer.

Rolling Stone Weekender: 22.+23.11. Line-Up: Suede, Glen Hansard, Thees Uhlmann, They Might be Giants, The Tallest man on Earth, Blaudzun, Mathhew E. White, Idiot Wind. Lesungen: Fritz Rau, Frank Spilker. Tickets ab 129 Euro, inclusive Hotelzimmer.

Weitere Festivals in Schleswig-Holstein:

Wallsbüll Open Air (9. Mai, Meynfeld bei Flensburg)

Förde-Festival (18. Mai, Laboe)

Hörnerfest (28.+29. Juni, Brande-Hörnerkirchen bei Itzehoe)

Black Way Open Air (12.+13. Juli, Neuendorf bei Elmshorn)

Headbangers Open Air (25.-27. Juli, Brande-Hörnerkirchen bei Itzehoe)

Jübek Open Air (31. August, Jübek bei Schleswig)

Ackerfestival (20.+21.September, Kummerfeld bei Quickborn)

Janwillem promoviert am Institut für Neuere deutsche Literatur- und Medienwissenschaft. Er schreibt seit 2010 regelmäßig für den Albrecht über Comics und Musik, letzteres mit dem Schwerpunkt Festivalkultur.

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