Ende 2019, als die Welt für die meisten Menschen noch halbwegs in Ordnung war, versank meine persönliche Welt im Chaos. Nahende Klausuren, Präsentationen, Abgaben und andere Univerpflichtungen schwollen zu einer Welle schier unmessbaren Ausmaßes an und drohten mich zu überrollen. Wie immer sehnte ich mich in diesem Moment nach einer schnellen Lösung, und so kam sie, die Eingebung: Meditation! Das, was von manchen leichtfertig als merkwürdiger ‚Buddhistenquatsch’ abgetan wird und von anderen wiederum auf Instagram-Hochglanzprofilen als neue Art der ‚mindfulness’ beworben wird, hatte sich in meinen Kopf geschlichen und erschien mir als eine einfache Art, dem Übel gegenüberzutreten. Dass Meditation weder schnell ging, noch neu war, sollte ich dann noch früh genug lernen.  

Handy gezückt, „Meditation“ im App-Store eingegeben und die erstbeste Meditations-App heruntergeladen. Ein zehntägiger Anfänger:innenkurs mit geführten Meditationen wurde mir vorgeschlagen. Anfänger:in? Ich war verwundert. So schwierig kann es doch nicht sein, sich hinzusetzen und zu entspannen. Dennoch entschloss ich mich, diesen Kurs zu beginnen. Und so verbrachte ich täglich zehn Minuten mit der App und stellte fest, dass das entgegen meiner Erwartungen gar nicht so einfach war, auch wenn eine Stimme mich durch meine Meditationen leitete. Wann wird sich in unserem immer schneller werdenden Alltag schon die Zeit genommen, um sich nur auf die eigene Atmung und die Gedanken zu fokussieren?  

Meditation wird in unserer westlichen Welt heutzutage vorübergehend dann praktiziert, wenn die Welt sich zu schnell um einen dreht und Entschleunigung gesucht wird. Dabei kann Meditation so viel mehr, und auch ihre Anfänge reichen viel weiter zurück als auf den ersten Blick angenommen. Nicht nur im Buddhismus ist die Meditation verbreitet, sondern auch im Hinduismus, Christentum und Konfuzianismus. Die Art der Meditation, die wir in der westlichen Welt meistens meinen, die Achtsamkeitsmeditation, stammt aus der jahrhundertealten buddhistischen Tradition der Vipassana- und Zen-Meditation (Zazen). Hier sitzt die meditierende Person in einer aufrechten, aber nicht zu angespannten Haltung und fokussiert sich auf geistige, körperliche und emotionale Erfahrungen im gegenwärtigen Augenblick. Die Meditation soll im Rahmen der buddhistischen Religion einen Zustand der völligen Losgelöstheit von der Ich-Identität herbeiführen und Erleuchtung bringen. 

So ganz erleuchtet habe ich mich allerdings nach meinen ersten Praktiken noch nicht gefühlt. Stattdessen war ich frustriert und erschöpft. Warum fiel es mir so schwer, meine Gedanken auszuschalten? Während ich im Schneidersitz dasaß, einatmete, ausatmete, wieder einatmete und ausatmete, rasten meine Gedanken mit 150 km/h durch meinen Kopf. Sich auf die Atmung konzentrieren? Unmöglich. Gar nichts denken und erleuchtet sein? Absolut unmöglich.  

Dabei geht es bei der Meditation gar nicht um ein Loslösen von allen Gedanken, sondern um Achtsamkeit. Gedanken und Ablenkung wahrnehmen, und sie kommen und gehen lassen, ohne sie zu bewerten, und wieder zurück finden zur Atmung. Es geht um das Hier und Jetzt, nicht um Vergangenes oder Zukünftiges.  

Meditation, auch wenn es nur zehn Minuten am Tag sind, bringt eine ganze Menge wissenschaftlich erwiesener Vorteile mit. So kann sie beispielsweise unsere Wahrnehmung, Kognition und Aufmerksamkeit verbessern. Vor allem verbessert sie unser Mitgefühl gegenüber unseren Mitmenschen.  

Wenn wir nicht von Gedanken und Gefühlen übermannt werden, wird uns die eigene Innenwelt klarer, und wir werden zugleich aufnahmefähiger für die Innenwelt anderer. Daniel J. Siegel, Psychologieprofessor, Los Angeles. 

Ich machte weiter mit der Meditation, und nach etwa zwanzig Tagen merkte ich, wie meine innere Haltung sich veränderte. Meine Gedanken rasten nicht mehr während meiner Meditationspraktiken, aber auch meine gesamte innere Haltung veränderte sich. Ich lernte, Abstand zu den Dingen zu nehmen und innezuhalten, bevor ich reagiere. Dies bewahrt mich vor allem in heiklen Situationen vor unüberlegten impulsiven Ausbrüchen. Auch meine Schlafprobleme haben sich deutlich verbessert, und nicht selten sind während einer Meditation auch Tränen geflossen, weil sich so viel Anspannung aufgelöst hat. Meditation kann fordernd, intensiv sein – aber vor allem auch wunderschön und bereichernd.  

Tipps für Anfänger:innen:  

  1. Bleib dran. Die Wenigsten werden gleich bei der ersten Meditation das gewünschte Ergebnis erzielen. Deshalb: Nimm dir Zeit! Lesen lernt man ja schließlich auch nicht an einem Tag 😉  
  1. Setz dich nicht unter Druck. Es ist völlig normal, dass deine Gedanken abschweifen – das tun sie auch bei Menschen, die schon seit Jahrzehnten meditieren.  
  1. Beginne mit geführten Meditationen. Sie können dir helfen, das Meditieren zu lernen und mit Ablenkungen umzugehen. Freie Meditationen, ohne Führung, benötigen etwas mehr Übung, aber auch hier gilt: Mach das, was sich für dich richtig anfühlt.  
  1. Mach die Art der Meditation, die sich für dich richtig anfühlt. Manche Menschen meditieren gerne drei Minuten, manche zehn, manche dreißig. Es gibt kein Richtig und kein Falsch, wichtig ist einzig und allein deine individuelle Erfahrung.  
  1. Sorge dafür, dass du nicht gestört wirst. Du wirst zwar Lernen, mit Ablenkungen umzugehen, aber gerade zu Beginn ist eine ruhige Umgebung ratsam. 
  1. Finde einen bequemen Platz für deine Meditationspratik. Viele mögen es, dies im Schneidersitz zu tun, das musst du aber nicht. Wenn dies für dich unangenehm ist, kannst du dich auch normal auf einen Stuhl setzen. Ein Kissen kann dir als Unterlage dienen.  
  1. Ich habe zum Lernen die App Headspace genutzt und nutze sie immer noch. Sie bietet wunderbare Übungen für den Einstieg und Kurse für verschiedene Anliegen, zum Beispiel Angst oder Beziehung zum Essen, allerdings ist sie nicht kostenlos. Seit kurzem gibt es von Headspace eine Serie auf Netflix, die auch visuell in die Mediationen einführt. Selbstverständlich eignen sich aber auch andere Apps, und auch auf YouTube gibt es zahlreiche Meditationen.  

Autor*in

Nadine ist 22 Jahre alt und studiert Germanistik und Medienwissenschaft im Master an der CAU. Seit Oktober 2018 ist sie Teil der Albrecht-Redaktion und hat vom Sommersemester 2019 bis Sommersemester 2020 das Kulturressort geleitet. Nun kümmert sie sich um die Social Media-Präsenz, schreibt aber auch noch fleißig Artikel.

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