Auf der Suche nach dem Auslöser meiner Stimmungsschwankungen

Winterdepressionen bestehen aus einer Mischung von typischen und atypischen Symptomen einer Depression. Anzeichen einer Winterdepression, die auch typisch für die normale Depression sind, können Tagesmüdigkeit, Traurigkeit, Konzentrationsstörungen und Gereiztheit sein. Atypische Symptome sind dazu ein erhöhtes Schlafbedürfnis und Heißhungerattacken auf Kohlenhydrate. Wenn jemand an einer Winterdepression leidet, ist es also normal, sich antriebslos und müde zu fühlen und ein hohes Schlafbedürfnis zu haben. 

Der Ursprung kann mehrere Gründe haben. Dadurch, dass es im Herbst und Winter schneller dunkel wird, wird die Melatoninproduktion angeregt. Melatonin steuert den Schlaf-Wach-Zyklus. Dies geschieht, indem die Bildung des Hormons im Gehirn durch Licht gehemmt wird und bei natürlicher Dunkelheit sich diese Hemmung aufhebt. Im Winter ist es früher dunkel und so verbringen wir den Großteil der Zeit draußen, während die Sonne entweder noch nicht auf- oder schon wieder untergegangen ist. Somit wird viel Melatonin gebildet, was zu Unkonzentriertheit, Müdigkeit oder Gereiztheit führen kann. Für die Bildung dieses Hormons wird viel Tryptophan benötigt, ein Baustoff im Körper. Dieser ist ebenfalls verantwortlich für die Produktion vom Glückshormon Serotonin, welches dadurch weniger hergestellt wird als im Sommer. 

Psychische Folgen

Seit dem Oktober des letzten Jahres schien ich schneller von Emotionen überfordert zu sein und war von körperlichem und emotionalem Stress leichter erschöpft. Ich dachte in dem Moment, dass es normal sei, sich in den dunklen Jahreszeiten kraftloser zu fühlen als im Sommer. Dieses Gefühl hörte nach einem sehr fordernden Winter aber nicht auf. Ich dachte, dass der Fakt, dass mich vieles nicht mehr so begeisterte wie zuvor, und dass ich mich immer sehr anstrengen musste, einen Moment vollauf zu genießen, andere Gründe hatte. Jetzt im Herbst und dem anstehenden Winter dachte ich erneut daran, ob ich an einer Winterdepression leiden könnte – bis mir auffiel, dass ich mich seit dem letzten Jahr so fühle und es nichts mit der Jahreszeit zu tun hatte. Ich fragte mich also, was sich verändert hatte. Die Antwort: die Hormone in meinem Körper. Ich hatte begonnen, die Pille zu nehmen. 

Mir fiel auf, dass ich seit einem Jahr sehr häufig die psychischen Symptome hatte, die typisch für das Prämenstruelle Syndrom (kurz: PMS) sind. Diese tauchen bei einem natürlichen Zyklus ein paar Tage vor der Regelblutung auf. Typische Beschwerden davon sind laut der TK: Konzentrationsschwäche, Lethargie und Lustlosigkeit, Erschöpfung, Reizbarkeit, Überempfindlichkeit und Stimmungsschwankungen. Auf mich trafen davon alle Symptome unterschiedlich oft und unterschiedlich stark zu. Was hat das PMS aber mit dem Einnehmen der Pille zu tun? 

Hormone

Ich habe mich informiert, was der Grund für PMS ist. Einfach gesagt: die Hormone. Doch welche genau? Es ist nicht ganz klar, was PMS verursacht. Es wird jedoch davon ausgegangen, dass es sich um ein Ungleichgewicht von Östrogen und Progesteron handelt. Dieses tritt in der zweiten Zyklushälfte auf. Die Abbauprodukte von Progesteron wirken sich stark auf den weiblichen Körper aus. Progesteron ist ein Gestagen, also eine Art in der Reihe der Sexualsteroide. Gestagen und Östrogen sorgen also für das PMS. Diese Hormone sind die gleichen, die auch in meiner Pille zu finden sind.

Ich weiß, dass das synthetische Gestagen in meiner Pille, welches ovulationshemmend wirkt, nicht das gleiche ist, wie das körpereigene Progesteron. Also gehe ich auch nicht davon aus, dass es exakt die gleiche Wirkung auf meinen Körper hat. Jedoch weiß ich, dass genau diese Hormone so einen großen Einfluss auf jede zweite menstruierende Person haben – denn 50 Prozent all dieser sind vom PMS betroffen. In 1 von 10 Fällen, also nicht ganz so oft, aber trotzdem bedenklich häufig, kann eine der häufigsten Nebenwirkungen durch das Einnehmen der Pille auftreten: Depression und Stimmungsschwankungen. 

Und jetzt?

Ich rief meine Frauenärztin an, äußerte meine Bedenken und schilderte meine Symptome. Sie sagte, dass es sehr unwahrscheinlich wäre, dass meine Symptome auf die Pille zurückzuführen seien. Ich könnte diese aber ohne Bedenken für die nächsten drei Monate absetzen, um zu sehen, ob sich etwas verändert. So unwahrscheinlich scheint mir das ehrlicherweise nicht, die Zahlen sprechen hier ziemlich eindeutig gegen sie. Wären meine Stimmungsschwankungen, Lethargie, Überempfindlichkeit und Traurigkeit nur auf den Winter beschränkt, dann wäre eine Winterdepression nicht unwahrscheinlich. Frauen sind statistisch drei- bis viermal häufiger betroffen als Männer. Jedoch lebe ich seit einem Jahr mit ähnlichen, wenn nicht exakt den gleichen Symptomen, wie beim PMS, welches durch ein Hormonungleichgewicht ausgelöst wird, welche auch in meiner Pille zu finden sind.  

Was mache ich nun damit? Diese Woche habe ich die Pille, zunächst, das letzte Mal genommen. Ich hoffe, dass das Absetzen der Pille meine Symptome lindert. Bis dahin werde ich aber auch alle Tipps befolgen, die gegen Winterdepression und PMS helfen sollen: Bei Sonnenlicht rausgehen, Bewegung, gute Ernährung und so viel wie möglich von den Dingen tun, die mich glücklich machen. Allen von euch, denen es vor allem in der dunklen Jahreszeit nicht zu gut geht, rate ich, das Gleiche zu tun. 

Autor*in

Rosaly studiert Geographie und Englisch und ist ganz neu beim Albrecht dabei.

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