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Was Komponisten heute so treiben, kann bei den Kieler Tagen für Neue Musik vom 20. bis 23. Februar belauscht und bestaunt werden. Über ein Kulturevent der ganz besonderen Art.

Wer hätte das gedacht?  Seit einigen Jahren ist Kiel mit der Biennale jeden Februar Veranstaltungsort eines hochkarätigen Festivals  Neuer Musik, einer Kunstrichtung, die ihren Avantgarde-Anspruch noch stolz im Namen trägt. Doch trotz aller Skepsis, die der heutige Kunstrezipient nicht grundlos gegenüber einfarbigen Bildern, schrägen Metallplastiken, zwanghaft provokanten Performancedarstellern oder eben schrillen Tönen hat, bietet die äußerst heterogene Szene der Neuen Musik inzwischen einem immer größeren Publikum interessante Überraschungen.

Das Ensemble musikFabrik, Foto: Klaus Rudolph
Das Ensemble musikFabrik, Foto: Klaus Rudolph

So kommt es, dass zwischen dem 20. und 23. Februar mit den Kieler Tagen für neue Musik in der Halle400 ein kultureller Höhepunkt der ganz besonderen Art  stattfindet. Das diesjährige Motto paints and brushes prägte der amerikanische Komponist und Instrumentenbauer Harry Partch. Es drückt zum Einen aus, dass auch Komponisten ähnlich wie in der Malerei unterschiedliches Handwerkszeug verwenden können und so grundverschiedene Stile schaffen.  Andererseits verweist es darauf, wie häufig in Strömungen Neuer Musik eine gewisse Bildhaftigkeit angestrebt wird, die mit diversen Klangfarben experimentiert und den Hörer meist in eine sehr differenzierte und einzigartige Atmosphäre zu versetzen versucht. Um dies zu erreichen, werden die musikalischen Protagonisten bei der Biennale sowohl mit klassischen Orchesterinstrumenten, als auch exotischen oder selbst gezimmerten Klangkörpern sowie elektronischer Hardware auftreten.

Der Komponist und Pianist Steffen Schleiermacher, Foto: Xavier Miró
Der Komponist und Pianist Steffen Schleiermacher, Foto: Xavier Miró

Den Auftakt macht am Donnerstagabend das Athelas Sinfonietta Orchester Kopenhagen mit Musik ausgewählter dänischer Komponisten des 20. Jahrhunderts. Mit Spannung zu erwarten ist der Auftritt des deutschen Ensembles musikFabrik, das neben Harry Partchs selbst erfundenen Instrumenten und den daraus entstandenen Kompositionen auch bearbeitete Titel von Frank Zappa wie Don‘t you ever wash that thing? spielen wird. Zudem sind der Leipziger Steffen Schleiermacher als Komponist, Pianist und unterhaltsamer Moderator in einem sowie die finnischen Musiker des defunensembles mit einer Kombination klassischer und elektronischer Instrumente zu Gast. Abschluss bildet wie jedes Jahr ein Konzert mit Stücken von Kompositionsstudenten der Musikhochschule Lübeck gespielt vom Ensemble Analogue Translation.

Es spricht mit Sicherheit für die Vielfalt der  Kieler Kulturlandschaft, dass sie solch ein Avantgarde-Festival anziehen kann. Jedoch ist der Begriff Avantgarde etwas überstrapaziert und nicht unbelastet. Nur durch unvoreingenommene Neugier und Authentizität des Hörers kann er  vor  abgehobenen Verklärungen und abwehrender Skepsis  zugleich bewahrt werden. So mag es sein, dass er mit seinem elitären Pathos überhaupt nicht mehr in das 21. Jahrhundert passt. Das Verhältnis zur Neuen Musik ist inzwischen sehr viel lockerer und ihre Ausprägungen unheimlich variantenreich geworden.

Gerade die Organisatoren der Biennale konnten in den letzten Jahren mit zahlreichen Konzerten und Diskussionsrunden immer wieder eine sehr gute Publikumsresonanz erfahren. Viel Wert wurde dabei stets auf die Moderation und den Dialog zwischen Komponist, Musiker und Hörer gelegt, der bei diesen Veranstaltungen mitunter erfrischend unkompliziert ist. Ohne Frage kann sich der Weg an das untere Ostufer für diverse Musikinteressierte am letzten Februarwochenende daher nur sehr lohnen. Tickets gibt es bei der Konzertkasse Streiber, der Tourist-Information und an der Abendkasse für 10 bis 12 Euro je nach Veranstaltung. Mehr Infos findet ihr auf www.chiffren.de.

Foto: Alexander Banck-Petersen

Felix studierte Physik des Erdsystems und Philosophie an der CAU. Von April 2013 bis Juli 2014 war er Leiter des Hochschulressorts. Besonders gern widmete er sich wissenschaftlichen oder kulturellen Themen.

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