Mit Badesachen an den Strand oder mit einem kühlen Getränk an die Förde – so genießen die meisten Kieler Studierenden die Nähe zum Meer. Dabei hat die Kieler Förde auch auf dem Wasser einiges zu bieten und nicht wenige Sportskanonen unter uns vergnügen sich regelmäßig beim Kanufahren, Stand Up Paddling, Windsurfen, Kiten, Wellenreiten und – nicht zu vergessen – beim Segeln. Bei gutem Wetter zählen die zahlreichen Segel auf der Kieler Förde ebenso zu Kiel wie die Möwen bei der Uni-Bibliothek. Jährlich veranstaltet die Stadt Kiel das größte Segelereignis weltweit – die Kieler Woche. Während wir uns auf dem Internationalen Markt die Bäuche vollschlagen, ein Bier an der Kiellinie genießen und abends den Konzerten lauschen, werden draußen auf der Förde knallharte Wettkämpfe ausgetragen. Wer die Wettkämpfe bisher kaum zur Kenntnis genommen hat, darf ab diesem Jahr mit einem soliden Grundwissen ins Rennen starten. Es wird Zeit mitzureden!

Sailing City Kiel – die Stadt und ihr Hafen

Ein kleines überschaubares Städtchen ist Kiel, als es im Jahre 1242 seine Stadtrechte erhält – und klein bleibt es auch für viele Jahrhunderte. Erst als die Küstenstadt 1865 preußische Marinestation und 1871 Reichskriegshafen wird, erlebt Kiel durch die Hafen-, Werftarbeiter und Soldaten ein beachtliches Bevölkerungswachstum. Internationale Bedeutung bekommt Kiel durch die seit 1882 ausgerichteten Segelregatten. Diese stellen die Ursprünge der Kieler Woche dar und wurden mit wenigen Unterbrechungen jährlich ausgetragen.

Der Hafen mit Innenstadtanbindung wird heute täglich von den Fährschiffen der Color Line aus Norwegen und der Stena Line aus Schweden angefahren und auch große Kreuzfahrer finden regelmäßig ihren Weg nach Kiel. Aber nicht nur für Kreuzfahrtschiffe ist Kiel ausgerüstet – als Olympiastadt 1936 und 1972 sowie als Veranstalter der Kieler Woche zeigt die Fördestadt ihre Begeisterung für den Wassersport. Dank der über 2 000 Liegeplätze in neun Sportboothäfen gehören viele Yachten und Jollen ins Kieler Stadtbild. Sie stellen unter Beweis, dass zum Kieler Alltag sowohl das Leben auf dem Land als auch auf dem Wasser gehören.

Geschichte der Kieler Woche

Juni 1882 – Kiels erste Regatta startet mit nur 20 Yachten

1894 – In der Zeitung werden die Wettkämpfe erstmals unter dem Namen Kieler Woche erwähnt

1945 – Die britischen Besatzer organisieren nach dem Zweiten Weltkrieg die Kiel Week als Segelwettbewerb

1947 – Oberbürgermeister Andreas Gayk ruft die Septemberwoche: Kiel im Aufbruch ins Leben – mit Vorträgen und Kunstausstellungen zur Dokumentation der Aufbauarbeiten nach dem Krieg

1949 – Die beiden Veranstaltungen werden vereint: Segeln, Sport und Kultur bilden die Kieler Woche

2018 – Die Kieler Woche feiert ihren 136. Geburtstag – sie ist das größte Segelereignis der Welt und zugleich das größte Sommerfest in Nordeuropa

Segelbegriffe

Luv – zum Wind hin (anluven: zum Wind drehen)
Lee – vom Wind weg (abfallen: vom Wind weg drehen)
Backbord –linke Seite des Schiffes
Steuerbord – rechte Seite des Schiffes
Bug – Bootsspitze
Heck – hinteres Ende des Schiffes
Fallen – Segelhochziehleinen zum Hissen
Schoten –Segelhochziehleinen zum Dichtmachen
Leinen – Taue zum Festmachen
Schwert – Platte unter dem Boot, damit es nicht zur Seite treibt
Kiel – Gewicht unter dem Boot, damit es nicht kentert oder zur Seite treibt
Krängen – Schiefliegen eines Bootes
Trimm – Ausrichtung des Bootes durch Segelstellung und Gewichtsverlagerung
Fieren – Nachgeben, Rauslassen von Leinen
Holen – Ziehen
Kreuzen – Amwindkurs, bei dem im Zick-Zack gefahren wird
Reffen – Einholen und Verkleinern der Segel

Segelboote

Kielboote: An der Rumpfunterseite besitzen diese Boote einen schweren Ballastkiel, der bewirken soll, dass das Boot nicht kentert, oder sich nach dem Kentern wieder aufrichtet.

Katamarane: Diese Boote zeichnen sich durch ihre zwei Rümpfe aus. Die Segel-Katamarane liegen daher stabil im Wasser. Sie besitzen keinen Kiel und sind durch ihr geringes Gewicht besonders schnell.

Jollen: Die kleinen Segelboote haben einen flachen Boden mit einem Schwert und einen Schwerpunkt, der meist über der Wasserlinie liegt. Hierdurch können sie schnell über das Wasser gleiten, können allerdings auch schnell kentern. Durch geschickte Gewichtsverlagerungen der Segelnden wird das Kentern verhindert.

Bootsklassen

Um einen fairen Wettkampf zu ermöglichen, wird sowohl bei der Kieler Woche als auch bei anderen großen Regatten in Klassen gestartet. Diese richten sich nach der Größe der Boote und der Anzahl der Besatzung – die sogenannte Händigkeit. Für Jollen und kleine Kielboote gibt es Einheitsklassen, bei denen die Abmessung des Bootes und die Segelfläche genau vorgegeben sind. Größere Yachten starten in gemeinsamen Klassen, auch wenn sich die Boote unterscheiden. Durch den spezifischen Rennwert eines Bootes können die gefahrenen Zeiten miteinander verglichen werden und so ist am Ende nicht zwangsläufig das schnellste Boot auch Sieger.

Ablauf eines Rennens

Die Wettkampfstrecke, der Kurs, wird auf dem Wasser mit Bojen markiert. Beim Up-and-Down-Kurs fahren die Boote zunächst von der Start-Boje, der Lee-Boje, entgegen der Windrichtung zur Luv-Boje, umrunden diese und fahren anschließend zurück zur Startlinie. Auch beim Dreieckkurs wird zuerst von der Lee-Boje gegen die Windrichtung zur Luv-Boje gesegelt. Quer zu den anderen beiden Markierungen liegt die Raum-Boje. Diese wird auf dem Rückweg zur Lee-Boje umrundet, sodass die Boote im Dreieck segeln. Ein Kurs kann während eines Rennens mehrfach abgefahren werden. Beim Dreieckkurs wird die Raumboje in der zweiten Runde oft ausgelassen, sodass nur noch ein Up-and-Down-Kurs gefahren wird. Die Länge eines Kurses und die Abstände zwischen den Bojen können je nach Bootsklasse und Windstärke variieren. Der Wettkampf kann im Match Race, bei dem immer nur zwei Konkurrenten gegeneinander starten, oder im Fleet Race, bei dem mehrere Boote zeitgleich ins Rennen gehen, ausgetragen werden.
Wer mitreden will, sollte sich mit dem grundlegenden Rennablauf vertraut machen. Der Wettkampf beginnt mit einem Startschuss. Startet ein Boot zu früh in den Kurs, muss es drehen und die Startlinie erneut überqueren. Besonders beim Start kann es zwischen den Booten eng werden. Hier ist das Schiff mit den Segeln auf der Steuerbordseite ausweichpflichtig. Auf dem ersten Kursabschnitt zur Luv-Boje kommt der Wind von vorne und die Segelnden fahren den Amwindkurs. Hierbei werden die Segel dicht gefahren, sodass sie wenig Angriffsfläche für den Wind bieten. Auf dem Vorwindkurs hingegen – von der Luv-Boje zur Lee-Boje – haben die Boote Rückenwind, der durch offene Segel und zusätzliche bunte Segel, die Spinnaker, aufgefangen wird. Wird eine Markierung im Kurs nicht oder falsch umrundet, kann dies zu Zeitstrafen oder der Disqualifikation führen. Auf länger andauernden Hochseeregatten werden zudem Boote ausgeschlossen, deren Besatzung Müll über Bord wirft.
Abgebrochen werden kann ein Wettkampf, wenn sich die Windbedingungen verändern, sodass zu viel oder zu wenig Wind herrscht. Der Wind beeinflusst sowohl den Wellengang als auch die Geschwindigkeit des Bootes. Dieser Einfluss ist wichtig für den Antrieb des Segelbootes, führt bei zu starkem Wind aber zum Krängen und Abdriften.

Zeitplan

Wer die Wettkämpfe auf der Kieler Woche verfolgen möchte, sollte nach Schilksee zum Olympiazentrum fahren. Die etwa 4 500 Teilnehmenden treten hier in 50 verschiedenen Klassen und Disziplinen gegeneinander an. Der genaue Zeitplan ist unter www.kieler-woche.de zu finden, kann jedoch aufgrund der Wetterlage angepasst werden. Für Interessierte werden außerdem regelmäßig Wettkämpfe und Seglergespräche live aus Schilksee beim Offenen Kanal Kiel übertragen (www.oksh.de/ki).

Bereit zum Kentern?

Segeln an der Uni Kiel: segeln.uni-kiel.de
Schnupperkurs von der Stadt Kiel: camp24-7.de (ab drei Euro pro Stunde)

Autor*in

Alexandra studiert Biochemie und Molekularbiologie. Sie ist seit Oktober 2016 beim Albrecht als Redakteurin aktiv, schreibt über Hochschulforschung oder gibt im Gesellschaftsressort ihre Meinung zum Besten und beim Layout und Design der Zeitung hilft sie gerne aus.

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