Unabhängige Hochschulzeitung an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel

Jedes Jahr kreist sie wie ein Damoklesschwert über der Saison: die Bundesliga-Sommerpause. Während diese Tatsache von vielen doch recht gleichgültig zur Kenntnis genommen wird, graut einigen Fußballfans vor den endlos langen, sportlich ereignislosen Wochen.

In diesem Jahr ist das Saisonende wieder einmal besonders schmerzlich zu spüren. Keine Europa- oder Weltmeisterschaft wartet darauf das ganze Land in einen kollektiven Rausch zu versetzten und nach vier Wochen erschöpft und mit einer leichten Fußball-Überdosis zurückzulassen. Nur nach einem derartigen Großereignis ist man meist auch als härtester Fan bereit  einzusehen, dass einige Wochen ohne Fußball durchaus ihre Daseinsberechtigung haben.

Zumal so mit ziemlicher Sicherheit verhindert wird, dass man die Nerven verliert und eine „Poldiii“ kreischende Ed-Hardy Trägerin oder einen „Schlaaand“ grölenden  adipösen Mittvierziger beim Public-Viewing zielsicher mit einem Zidane-Gedächtnis Kopfstoß niederstreckt.

Was geschieht also mit einem Fan, während der elend langen Zeit ohne Fußball? Wochenlang leidet er unter Entzugserscheinungen. Wie ein Alkoholiker, der aus Mangel an Alternativen Parfüm trinkt, werden panische Versuche unternommen lächerliche Ersatzdrogen aufzutreiben.  Mit Tennis, Tour de France und Leichtathletik, sowie schrecklich belanglosen Fußball Testspielen wird versucht die Wartezeit erträglicher zu gestalten.

Banalste Alltagssituationen können in dieser sensiblen Zeit psychologisch fragwürdige Fantasien hervorrufen. Muss beispielsweise der Schaffner die Verspätung so emotionslos durchsagen? Kann das Ganze nicht mit ein wenig mehr Fußballatmosphäre vermittelt werden? Irgendwie so?

Schaffner: „Eees ist 23:15!! Wiiiiir haben eine erneute Verspätung!!“ (Pause für Jubel) „Voraussichtlich erreichen wir Kiel Hauptbahnhof erst iiin?“ Reisende: „40 Mi-nu-ten!“ Schaffner: „Sääänk you!“ Reisende: „Bitte!“

Wie gesagt, psychologisch fragwürdig. Ist die Sommerpause für Fußballfans also schlicht und einfach nur furchtbar? Natürlich nicht. Sonne und Partys sind auch als Fußball-Junkie auf Entzug zu genießen. Außerdem ist nun Zeit endlich auch am Wochenende mehr mit Freunden oder Freundin zu unternehmen.

Und schließlich ist stets ein Ende der Leidenszeit in Sicht. So lässt sich alles doch irgendwie überstehen. Auch zwei Monate Parfüm statt Alkohol.

Jan war bis 2012 Teil der Redaktion.

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