Wir haben eine komische Beziehung zum Penis. Damit meine ich uns, als Gesellschaft. Wir haben anscheinend ganz unbewusst beschlossen, dass Pimmel unfassbar lustig sind. Allein schon das Wort „Pimmel“ ist klasse, das beschreibt wunderbar so eine wabblige Masse. 

Ein konstanter Running-Gag von den Vasenmalereien der Makedonier über Phallus-Latte-Art, bis hin zum Whiteboard im Zoom-Call. Entweder sind wir noch Kinder geblieben oder haben da etwas nicht genug aufgearbeitet. Ich selbst ertappe mich ab und zu bei einem leisen „höhö“, wenn ich von der Zeichnung eines länglichen Dings mit zwei runden Dingern überrascht werde. Sind Penisse einfach zu leicht zu zeichnen? 

Früh übt sich die Pimmelkritzelei 

Damals in der Schule war es der ultimative Witz, einen Penis irgendwo hinzumalen, nicht nur unter Jungen. Ob Hefte der Sitznachbar:innen, beschlagene Fensterscheiben oder Dreck auf einem Auto, alles war in erster Linie eine Leinwand für Phalluskunst. Trotzdem, oder gerade deshalb, war es aber plötzlich schwer, im Sexualkundeunterricht ernsthaft über Sack und Fahnenstange zu reden. Wir waren so auf den Penis fokussiert, doch sobald Mann sich damit befasste, ohne zu lachen, war gleich irgendjemand schwul. Es war auch noch das Alter, in dem das als schlimm galt. Dabei ist der Penis ein faszinierendes Körperteil und erst recht die Hoden, die sich nähern und entfernen können, um die richtige Temperatur zu halten. Gleichzeitig bin ich beeindruckt davon, dass wir nicht öfter vor Schmerz zusammenklappen, weil sie da so entspannt vor sich hin baumeln. 

Gefühlt haben wir uns nicht wirklich weiterentwickelt. Noch immer identifizieren wir uns über unseren Penis, wie toll das Ding ist, das uns da zwischen den Beinen schlackert und dass unsere Eier so groß sind, dass wir sämtliche Urolog:innen damit in Panik versetzen würden. Rausholen will es dann aber niemand, denn das ist eklig und in den meisten Situationen illegal. Anscheinend ist es aber kein Problem, wenn in Pornos ständig ein Penis übers Bild schwengelt. Allein, dass das Wort „Schwanzvergleich“ existiert, zeigt schon, wie wichtig es uns und unserem gesellschaftlichen Stand scheint. Auch ständige Witze, Mann müsse etwas kompensieren, befeuern diese Besessenheit mit der Penislänge. 

Wie wichtig ist denn jetzt die Größe wirklich? 

Wir projizieren so viel unserer Männlichkeit auf ein schlabbriges, weiches und doch hartes und gleichzeitig so fragiles Körperteil, obwohl wir doch nicht wirklich etwas an unserem guten Stück verändern können. 

Und warum legen wir überhaupt noch so viel Wert auf einen großen Penis? Die alten Griechen zumindest schienen eher angetan von kleinen Penissen zu sein. Nicht umsonst präsentiert uns der große Apoll ein eher bescheidenes Format. Ein kleiner Penis bedeutete, dass ein Mann sich kontrollieren konnte. Er war Herr seiner selbst und gerade zum Philosophieren war ein kleiner Penis unabdingbar. Wer einen großen Penis hatte, galt als wild und unberechenbar, ganz nach dem Motto: „Das Blut war nicht im Denkapparat.“ 

Stellt euch nur mal die Kieler Kunsthalle vor, wenn alle Statuen nach unserem heutigen Ideal gehauen worden wären. Soweit das Auge reicht würden Römer und Griechen mit riesigem Glied posieren. 

Leider spielt sich dieser Wettkampf aber nicht nur unter Männern ab, sondern zieht auch andere mit hinein, die nichts damit zu tun haben wollen. 

Immer wieder ist das Argument zu hören, Penisse überall hinzuschmieren sei ein unbewusster Unterdrückungsakt gegenüber jenen, die keinen haben. Der Mann wolle seine Überlegenheit etablieren, indem er seinen Penis präsentiert und überall zur Schau stellt, sei es auch nur als Kritzelei. Dass Penisträger ihre Macht so sehr auf ihr Stück bauen, würde dies bestätigen. Auch das Phänomen „Swaffelen“, also den halb erigierten Penis gegen etwas schlagen, sitzt dabei direkt zwischen den Fronten. Etwas anzupimmeln soll lustig sein, ist aber in den meisten Kontexten ein sexueller Gewaltakt. 

Dass Mann mit der Präsentation seines Penis versucht, seine Dominanz aufzubauen, würde auch unerwünschte Dick-Pics erklären. Die Pompejischen Wandmalereien dieses Jahrhunderts, nur ohne jegliche künstlerische Fertigkeit und ohne Auftrag. Dass die erste Reaktion dieser Typen ist, ein Bild ihres Schwengels zu verschicken, kann kein Zufall sein. 

Andere Stimmen sagen wieder, es sei ein Weg, wie sich Pubertierende mit ihrer Sexualität auseinandersetzen, irgendwann sollte Mann nur damit aufhören. 

Und mittenrein grätscht Siegmund Freud mit seiner Kastrationsangst der Männer. 

Ob der Penis für uns ein lustiges Phänomen ist oder das Ganze einen tiefen psychologischen Grund hat, wir uns unserer Verletzlichkeit bewusst sind und das alles nur Ausdruck unserer Unsicherheit ist, lässt sich offensichtlich nicht eindeutig beantworten. Auf jeden Fall sollten wir uns aber alle bewusster mit unserem Gehänge auseinandersetzen, damit wir unseren Selbstwert nicht mehr davon abhängig machen, sondern eine gesunde Beziehung zu unserem besten Stück haben können. Denn Mann hat eben, was Mann hat und ob das nun groß, klein, gar kein Penis oder sowohl als auch ist, sollte nicht bestimmen, wie männlich Mann ist. 

Autor*in

Kaspar Studiert Deutsch auf Medienwissenschaft an der CAU. Er kam im Wintersemester 2019 zum Albrecht und ist seit dem Sommersemester 2020 für den Weißraum zuständig.

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