Balian Buschbaum klärt über Transsexualität auf
Anlässlich des diesjährigen CSD in Kiel kam Balian Buschbaum zu einer Lesung in die Landeshauptstadt. Der 33-jährige wurde in den 1990er Jahren als Stabhochspringerin Yvonne Buschbaum bekannt und entschied sich 2007 zur geschlechtsangleichenden Operation. Bei der Buchvorstellung des diesjährigen Schirmherrn der bunten Queer-Parade sollten Unterschiede zwischen den Geschlechtern in Frage gestellt werden. Stattdessen bestätigte er lediglich Geschlechterklischees. Seine eigene Sichtweise und seine Erfahrungen im Körper beider Geschlechter brachte er in diesem Programmpunkt nicht mit ein. Enttäuscht verließ ein Teil der Zuhörer schon vorab die Veranstaltung. Doch sie verpassten den zweiten Teil, der sich mit dem Menschsein beschäftigte, die Notwendigkeit der Zweigeschlechtlichkeit in Frage stellte und Einblicke in Buschbaums Leben als Transgender gewährte. Mit dem Titel „Frauen wollen reden, Männer Sex“ seines aktuelles Buches zeigte er sich höchst unzufrieden und führte diese Bezeichnung auf eine Marketingentscheidung seines Verlags zurück. Als passender empfand er den Namen „Männer, Frauen, Mensch“. Mit seiner These, das Geschlecht eines Menschen spiele keine Rolle, brach er bewährte Denkmuster auf. Entscheidend für die Persönlichkeit seien die Seele und das Gehirn. In diesem Zusammenhang sprach er von männlichen oder weiblichen Gehirnen, die unabhängig vom entwickelten körperlichen Geschlechtsmerkmalen existieren. Männliche und weibliche Eigenschaften sind zudem bei jedem in unterschiedlichem Verhältnis vorhanden. Dass Zweigeschlechtlichkeit ganz natürlich sei, zeige der Clownfisch.
Mit entwaffnender Ehrlichkeit stellte er sich zum Schluss den Fragen des Publikums. Mit fünf Jahren merkte er, dass etwas nicht mit ihm stimmte. „Ich spielte immer für die falsche Mannschaft“, stellt Buschbaum fest. Als erfolgreiche Stabhochspringerin besaß er alles, glücklich war er aber nicht. Erst mit 27 habe er das Brett vor seinem Kopf zersägt. „Ich war bereit, alles aufzugeben und loszulassen.“
Buschbaum erhielt durchweg positive Reaktionen auf sein Outing. Sein Umfeld hätte gemerkt, dass er nur als Mann glücklich sei. In der Hormon-Therapie fühlte er sich nach der ersten Spritze zuhause angekommen. Buschbaum nahm sich Zeit für die Beantwortung der Fragen und erklärte, dass er durch seine Geschlechtsangleichung kein anderer Mensch geworden sei. „Kein Testosteron verändert den Charakter.“ Nach seiner Erfahrung mache Testosteron vieles einfacher, da Ziele direkter angegangen würden. Erst wenn etwas schiefginge, würde man darüber nachdenken. Das Testosteron habe ihn entgegen aller Vorurteile sogar eher sanfter gemacht.
Beziehungen zu Frauen führte Buschbaum auch vor seiner Geschlechtsangleichung. Man verliebe sich ja nicht in das Geschlecht eines Menschen. „Ich reiße euch jetzt ja auch nicht die Hose runter und sage: ‚das ist ja niedlich‘“, entgegnete er schlagfertig. Lesbisch sei er aufgrund weiblicher Geschlechtsmerkmale nie gewesen, da er sich zu keinem Zeitpunkt als Frau fühlte.
Neben seinem lockeren, teilweise humorvollen Umgang mit dem Thema zeigte sich Buschbaum auch immer wieder von seiner nachdenklichen Seite. Auf die Frage, ob er mit seinem Schicksal hadere, antwortete er, dass er durch seine Transsexualität zu sich selbst gefunden habe. Den Zuhörern gab er mit auf den Weg, dass Menschen, die ihre wahre Persönlichkeit versteckten, ihrer Seele Leid zufügen würden und mit der Zeit Schaden davontrügen. Viele Probleme im Leben führe er darauf zurück, dass Menschen immerzu mit dem Verstand denken. Sie müssten sich mehr auf ihr Herz und Bauchgefühl verlassen.
Foto: Laura Kranich
Marcel Kodura ist seit Oktober 2010 als Redakteur beim Albrecht tätig. Er schreibt vor allem über gesellschaftliche Themen.