Was es mit dem schwedischen ‚Flogsta Scream‘ auf sich hat

Prüfungsphasen können schon mal zum Schreien sein. Das dachte sich 1987 auch eine Gruppe schwedischer Student*innen, die wegen der kommenden Prüfungen unter großem Stress standen. Deshalb öffneten sie am Abend um 22 Uhr das Fenster und brüllten ihren Frust nach draußen. Was sich daraus entwickelte, hätte damals wohl keiner gedacht: Es entstand eine Tradition, die bis heute Bestand hat. Noch immer öffnen die Studierenden abends um 22 Uhr das Fenster und Schreien in die Nacht. Über die Herkunft des ‚Flogsta Screams‘ kursieren neben der Geschichte von den gestressten Student*innen aber noch weitere Gerüchte. Eines besagt zum Beispiel, dass diese Tradition ins Leben gerufen wurde, um an einen in den siebziger Jahren gestorbenen Kommilitonen zu erinnern, der Suizid begangen haben soll. 

Woher kommt denn der Lärm?! 

Wenn man ein Auslandssemester in Schweden macht und diese Tradition nicht kennt, kann es durchaus beängstigend sein, wenn am Abend die vielen Schreie von Fenstern und Balkonen ertönen. Mittlerweile findet das Schreien nämlich auch außerhalb des Studentenviertels Flogsta in der Stadt Uppsala statt, durch die der Schrei seinen Namen trägt. In anderen Regionen Schwedens ist der Schrei auch unter etlichen anderen Namen wie ‚elvavrålet‘ (der Schrei um elf Uhr) bekannt. Auch im Internet kursieren mittlerweile etliche Videos, die die Schreie der schwedischen Studierenden in verschiedenen Städten aufzeichnen. „I don’t know why we scream. All I know is, that it is just cool” kommentierte beispielweise ein User auf YouTube, der ein solches Video veröffentlichte. 

Nicht nur Schreien befreit 

Auch in anderen Ländern der Welt gibt es Ideen und Möglichkeiten, wie man Ärger oder Anspannung auf verschiedene Weise Luft machen kann. So gibt es zum Beispiel ‚Crash-/Anger-/ oder Rage-Rooms‘, in denen man Gegenstände zerstören kann – und das auf ganz legale Weise. In London gibt es außerdem ein ‚Screamatorium‘, in dem Besucher*innen nicht nur laut Schreien, sondern ebenfalls in anderen Räumlichkeiten Meditieren können, um sich vom alltäglichen Stress zu befreien. Die Wirkung von Stressabbau durch Schreien ist wissenschaftlich allerdings nicht belegt. Weshalb die Tradition des Frei-Schreiens in Schweden trotzdem schon so lange Bestand hat, könnte aber natürlich auch daran liegen, dass die Student*innen durch das gemeinsame nächtliche Brüllen merken, dass sie mit ihren Sorgen nicht allein sind.  

Kiel – (k)ein Ort für gestresste Studis? 

In Kiel sieht es mit ähnlichen Angeboten dagegen eher mau aus. Neben Spaziergängen an der frischen Luft, Sport oder Meditation, die man zum Beispiel über YouTube machen kann, bietet allerdings auch die Uni ein kleines Angebot an sogenanntem ‚Präventionssport‘ an. Dort können Kurse wie Pilates oder Hatha Yoga belegt werden, die unter anderem Entspannung und Konzentration fördern sollen. Und für diejenigen, für die das nichts ist, bleibt ja immer noch die Möglichkeit, um 22 Uhr das Fenster zu öffnen und die Nachbarn mit den Klängen der eigenen Stimme zu erfreuen. 

Autor*in

Emma studiert Geschichte und Deutsch im Profil Fachergänzung. Sie ist seit November 2023 beim Albrecht dabei.

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