Das Tabu brechen, über Körpergase zu sprechen

Schlechte Luft machen, das Darmorchester spielen, kräutern, einen fahren lassen, blähen, pupsen, furzen und Flatulenzen oder Blähungen: Die deutsche Sprache besitzt so viele Wörter für ein- und dieselbe Sache, aber trotzdem spricht so gut wie niemand darüber. Warum nicht? Das ist doch eine der natürlichsten Sachen der Welt und wirklich jede*r tut es. 

Die Wissenschaft weiß Bescheid 

Falls sich damit jemand nicht angesprochen fühlt, wir furzen acht bis 25 Mal am Tag. Es ist sogar wissenschaftlich bewiesen, dass wir furzen (und auch rülpsen) müssen, sonst würden wir durch die angestauten Gase in unserem Körper irgendwann explodieren. So habe ich das zumindest mal in einer Wissenschaftssendung für Kinder gehört. Es ist vermutlich nicht so dramatisch, aber nichtsdestotrotz kein Vergnügen für unseren Darm. Und weil ich glaube, dass noch nie jemand deswegen explodiert ist, kennen wir wohl alle das Gefühl, wenn sich etwas anbahnt und wir die Luft nicht entweichen lassen. 

Knigge fürs Pupsen 

Wir sind gerade nicht Zuhause in unseren eigenen vier Wänden, wo wir nur uns selber mit unseren Gerüchen belästigen können, sondern bei Freund*innen, in der Uni oder auf der Arbeit. Da werden natürlich ungern die Pforten geöffnet, auch wenn es sich danach besser anfühlen würde. Deswegen hält man ein und wartet, dass schnell Feierabend ist, oder man muss sich mit Bauchschmerzen arrangieren und das kann an einem langen Tag wirklich anstrengend sein. 

Versteht mich nicht falsch, ich möchte jetzt nicht, dass ihr in einer Vorlesung wartet, bis alles leise ist und dann den Furz des Jahrhunderts erzeugt. Das wäre für die anderen sicher sehr lustig, aber für die hinter dem*der Verursacher*in keine Freude für die Nase. Ihr seht schon, es ist auch für mich schwer, ein ‚gesellschaftlich akzeptiertes‘ Pupsverhalten zu erklären. Auch ich pupse nicht gerne bei anderen Personen und kann es auch nur bei sehr wenigen. Und die Gerüche, die dabei entstehen, sind auch keine, von denen man eine Duftkerze haben möchte. Und überhaupt, ich als weiblich gelesene Person tue sowas ja schon gar nicht, weil bei mir nur Regenbögen, Glitzer und Elfenstaub rauskommt. Aber wir sollten uns einfach nicht schämen, darüber zu reden oder zuzugeben, dass wir es tun.  

Früher war alles besser 

Warum halten wir uns also so zurück bei diesem Thema? Ich erinnere mich noch, dass man als Baby sogar dafür gelobt wurde, wenn man gepupst hat. Jeder Furz wurde mit Applaus begrüßt und alle waren stolz auf einen. Doch irgendwann war diese Zeit vorbei und das berühmte ‚Benehmen‘ musste her. Da war es dann nicht mehr akzeptabel, zu pupsen, was einem als Kind immer noch ein bisschen egal war oder worüber man sich zumindest nicht solche Sorgen gemacht hat. Doch mit dem Alter wurden diese gelegentlichen Winde immer unakzeptabler. Man wurde von den Eltern böse angesehen und/oder von Mitschüler*innen fürs Pupsen gehänselt. Die Ethik und Normen der Gesellschaft stempeln das Furzen als etwas Unsittliches ab und somit gehören diese doch sehr natürlichen Funktionen des Körpers auf einmal unterdrückt und versteckt. Doch ist das wirklich gut? Denn Pupsen ist etwas Befreiendes, nicht nur im gesundheitlichen Sinne. 

Weniger Innehalten 

Wie sagte einst ein weises Meme bei Facebook (oder wie auch immer Memes hießen, bevor sie Memes wurden): „Der größte Schritt in einer Beziehung ist nicht der erste Kuss, sondern der erste Furz“. Auch ich musste diese Erfahrung machen und fühle mich in meiner Beziehung beim Blähen nun sehr wohl. Also einfach mal beim nächsten Date eine Pupsgeschichte erzählen. Funktioniert nicht nur als Eisbrecher, sondern erheitert die andere Person sicherlich und vielleicht lockt man sie hervor, selbst so eine Geschichte zu erzählen. Ich wette, wir alle haben eine. Wir wollen bei keinem Tabu-Thema mehr das Blatt vor den Mund nehmen, also sollte man es auch bei einem vermeintlich ‚normalen‘ Thema nicht tun und übers Pupsen einfach mal Dampf ablassen. 

Autor*in

Lisa ist 26 Jahre alt und studiert seit dem Wintersemester 20/21 Deutsch und empirische Sprachwissenschaft auf Fachergänzung. Seit November 2021 ist sie Teil der Redaktion und des Lektoratsteams und hat im Januar 2022 die Leitung des Lektorats übernommen.

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