Mit diesen Worten fasste der weltweit angesehene Kieler Klimaforscher Mojib Latif beim zweiten Energieforum der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel die globale Klimasituation zusammen. Das Energieforum 2015 zeigt: Die norddeutschen Umweltsegel sind gehisst – nun heißt es, richtig auf Kurs zu gehen.

Das Umweltmanagement der CAU lud am vergangenen Mittwochabend, 18. November 2015, zum zweiten Energieforum in das Audimax ein. Einmal im Jahr präsentiert sich die Universität mit dieser Großveranstaltung, um aktuelle Klimaschutzprojekte und Umweltthemen der Uni, der Stadt Kiel und des Landes Schleswig-Holstein an die Öffentlichkeit zu tragen. Das klik-Team (klima konzept 2030) der CAU unter Leitung von Dr. Norbert Kopytziok lud mit der Frage „Was ist nachhaltiges Engagement für den Klimaschutz?“ zu einer spannenden Podiumsdiskussion ein. Vier renommierte Experten und Expertinnen beleuchteten den globalen Klimawandel von allen Seiten und stellten sich den Fragen der rund 400 Besucherinnen und Besucher.

Klimawandel geht uns alle an!

Innerhalb von fünfzehn Jahren gab es in Deutschland drei Jahrhunderthochwasser. Aufgrund regelmäßiger Deicherhöhungen merkt die Bevölkerung eher wenig von dem Meeresspiegelanstieg, jedoch sind seit der ersten Satellitenmessung 1979 bereits 30 Prozent der Meereseisfläche geschmolzen. Um die norddeutschen Küsten vor Ort zu schützen, gibt das Land Schleswig-Holstein jährlich etwa 50 Millionen Euro aus. Außerdem stellen die sich immer weiter ausbreitenden Waldschädlinge und die Bodenversalzung die globale Welt vor große Herausforderungen.

Wir brauchen ein Energiebewusstsein

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Podiumsdiskussion. (l. n. r.: ) Moderator Carsten Kock, Katharina Beyerl, Dr. Robert Habeck, Frank Eisoldt, Dr. Mojib Latif – Quelle: klik

Der Mensch braucht Energie. Diese Energie gewinnt er durch die Verbrennung fossiler Rohstoffe. Als Nebenwirkung wird CO2 ausgestoßen. Die erhöhten CO2-Werte in der Atmosphäre verdicken die Ozonschicht und das globale Klima beginnen sich zu verändern. Unser CO2-Ausstoß stieg gegenüber 1990 um 61 Prozent. Der frisch gekürte deutsche Umweltpreisträger Prof. Mojib Latif (Leiter des Forschungsbereichs Ozeanzirkulation und Klimadynamik am GEOMAR Kiel) sagte hierzu, dass unser Klimaproblem somit eigentlich ein Energieproblem sei. Bei der Entgegennahme des Deutschen Umweltpreises am 8. November 2015 wurde er noch deutlicher: „Wir müssen uns einmal vor Augen führen, wie wir Energie erzeugen: Wir sind in der Steinzeit stehen geblieben. Die Steinzeitmenschen haben etwas verbrannt, um Energie zu machen. Wir machen genau das Gleiche – wir verbrennen etwas. Es kann doch nicht angehen, dass wir uns nicht weiter entwickelt haben und weiter auf Steinzeitniveau stehengeblieben sind.“ Der Appell ist deutlich: Wir müssen aufhören unsere Atmosphäre, die unser Leben erst möglich macht, als Müllkippe zu verwenden, uns also für die Gefahren der Umwelt sensibilisieren und auf alternative CO2-neutrale Energieträger umsteigen. Die Vermeidung von kohlenstoffhaltigen Energieträgern nennt sich ‚Dekarbonisierung‘. Latif zeigte sich im Audimax der CAU optimistisch: Es führe kein Weg an der Dekarbonisierung vorbei. Der Ausbau der erneuerbaren Energien aus Sonnenlicht, Windkraft, Gezeitenstärke und Erdwärme müsse sich durchsetzen: „Es kann doch nicht zu teuer sein, die Welt zu retten!“ Das globale Umdenken fängt in jedem einzelnen Kopf an: Ist diese Plastikverpackung wirklich notwendig? Muss der Fernseher auf Standby stehen, wenn wir gar nicht daheim sind? Und muss das Aufladekabel des Handys oder der elektrischen Zahnbürste wirklich rund um die Uhr in der Steckdose stecken? Uns muss bewusst sein, dass wir erstens unglaublich viel Energie verschwenden ohne sie wirklich gebraucht zu haben, und wir zweitens sehr viel produzieren, um es wieder wegzuschmeißen. Zurzeit atmen wir die Abgase ein, die unsere Großeltern in die Luft geblasen haben – unsere Verantwortung besteht darin, dass es unseren Enkeln noch so gut gehen kann, wie es uns bisher gegangen ist.

 

„Das Klima der Zukunft hängt davon ab, wie wir uns verhalten werden.“

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Der Umweltforscher Prof. Dr. Mojib Latif fordert ein größeres Umweltbewusstsein: „Wir können die Kurve noch kriegen!“ – Quelle: GEOMAR

Des Weiteren sensibilisierte die Umweltpsychologin Katharina Beyerl vom Institute for Advanced Substainability Studies in Potsdam die Besucherinnen und Besucher des Energieforums mit Bildern von kleinen pazifischen Inselstaaten. Eine Meeresspiegelerhöhung von nur wenigen Zentimetern reiche, um Inseln wie Fiji und Tuvalu auszulöschen. Die Bewohner erlebten hier die globale Erwärmung am eigenen Leibe und wenn wir nicht die Kurve bekämen, dann gebe es bald die ersten Klimaflüchtlinge. Der Energiewendeminister von Schleswig-Holstein, Dr. Robert Habeck, sieht ebenfalls keine Zukunft in der Atomkraft und erklärte, dass Schleswig-Holstein zurzeit in einem enormen Tempo an dem Ausbau der erneuerbaren Energien arbeite. Die norddeutschen Windkraftwerke sollen bis 2020 eine Stärke von sechszehn Atomkraftwerken besitzen. Der Kanzler und zentrale Umweltmanagementbeauftragte der Kieler Universität, Frank Eisoldt, erklärte außerdem, dass die Christian-Albrechts-Universität sich der gesellschaftlichen Vorreiterrolle bewusst sei und der Verantwortung gerecht werde. Die Uni verbrauche jährlich etwa 30 Millionen Kilowattstunden Strom – das sei vergleichbar mit einer deutschen Kleinstadt von ca. 13.000 Einwohnern. Ziele und Projekte zur CO2-Reduzierung sind gesetzt: Gebäudesanierungen, Installierung eines Blockheizkraftwerks und der Umstieg auf erneuerbare Energien. Bis zum Jahre 2030 möchte die CAU klimaneutral sein.

Das Energieforum, moderiert von Chefkorrespondent des Radios Schleswig-Holstein Carsten Kock, wurde seinem Motto „energiebewusst“ gerecht. Nun muss es in den Köpfen der Menschen weiter getragen werden. Wenn wir das globale Problem gemeinsam anpacken, können wir die Kurve noch kriegen.

Die nächste Veranstaltung des Umweltmanagement der CAU findet am 2. Februar 2016 statt. Anlässlich des fünfjährigen Bestehens des Arbeitskreises zum Umweltschutz lädt die CAU zum Symposium unter dem Motto „So geht Umweltschutz heute“ ein. Neben Vorträgen der CAU sind Beiträge weiterer Hochschulen in Schleswig-Holstein zu erwarten.

Symposium_Klimaschutz_Ausschnitt

Autor*in

Fenja ist 22 Jahre alt und studiert Germanistik und Philosophie in Kiel. Sie schreibt seit November 2015 für den Albrecht.

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Ein Kommentar

  1. Die Tierargrarindustrie erzeugt mehr Treibhausgase (in CO2 Äquivalent) als der gesamte weltweite „Transport“ (siehe United Nations Food and Argiculture Organisation (http://www.fao.org/newsroom/en/News/2006/1000448/index.html und http://www.un.org/apps/news/story.asp?newsID=20772#.VlX7d4STVE8)). Ernährt sich auch nur ein einziger der vertretenen Klimaexperten rein pflanzlich? Wird das Thema mal angesprochen? Ich sag nur unbequeme Wahrheit…

    “Livestock are one of the most significant contributors to today’s most serious environmental problems,” senior UN Food and Agriculture Organization (FAO) official Henning Steinfeld said. “Urgent action is required to remedy the situation.”

    „The livestock business is among the most damaging sectors to the earth’s increasingly scarce water resources, contributing among other things to water pollution, euthropication and the degeneration of coral reefs.“

    „Livestock’s presence in vast tracts of land and its demand for feed crops also contribute to biodiversity loss; 15 out of 24 important ecosystem services are assessed as in decline, with livestock identified as a culprit.“

    Ganz zu schweigen, dass Animal Argriculture für ca. 25% des weltweiten Wasserverbrauchs und 80% der weltweiten Waldrodung verantwortlich ist (siehe Wageningen University and Research Center http://www.sciencedaily.com/releases/2012/09/120925091608.htm).

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