Me and Earl and the Dying Girl (deutscher Titel: Ich und Earl und das Mädchen) erzählt die Geschichte des High-School-Schülers Greg (Thomas Mann), dessen Leben sich vollkommen verändert, nachdem er von seiner Mutter gedrängt wird, die an Leukämie erkrankte Mitschülerin Rachel (Olivia Cooke) zu besuchen. Dies hört sich, heruntergebrochen auf einen Satz, nach einer bekannten Boy-meets-Girl-Story an, die im letzten Jahr bereits von The Fault in Our Stars, 2012 in The Perks of Being a Wallflower oder 2011 in Restless erzählt wurden, doch das ist nicht der Fall.
Der Grund: Die Geschichte wird aus der retrospektiven Perspektive des cinephilen Protagonisten Greg erzählt, welcher der Wirklichkeit und damit seinem High-School-Abschluss und der bevorstehenden Collegewahl entflieht, indem er mit seinem einzigen Freund Earl (RJ Cyle), den er selbst nur als Co-Worker bezeichnet, Parodien ihrer Lieblingsfilme dreht (ate ½ (of my lunch), 400 Bros, Senior Citizen Cane, Eyes Wide Butt). Das hat für den impliziten Zuschauer zur Folge, dass er von jemandem eine Geschichte erzählt bekommt, der erstens über filmgeschichtliches Wissen verfügt, dieses jedoch nur dazu verwendet, um alberne Abbilder filmischer Realitäten zu erzeugen und zweitens dazu neigt, die autobiographische Vergangenheit zu stilisieren.
Entsprechend unbehaglich aber gleichzeitig erfrischend fällt Gregs erster Besuch bei Rachel aus. Denn zwischenmenschliche Interaktion oder Empathie sind nicht seine Stärke. Die subjektive Erzählweise wird ebenso durch die überzeichneten Figuren deutlich, zum Beispiel Gregs skurrile Eltern, die stereotypen Mitschüler sowie dem coolsten Geschichtslehrer (Jon Bernthal) aller Zeiten. Darin unterscheidet sich Me and Earl and the Dying Girl von den oben genannten Filmen. Er ertränkt das Drama nicht durch eine Liebesgeschichte in Tränen, sondern lockert es durch die phantastischen in Stop-Motion animierten Tagträume, ironisch selbstreflexiven Bezüge und Gregs Off-Kommentaren (Voice-over) auf, ohne das Thema dabei ins Lächerliche zu ziehen.
FAZIT
Me and Earl and the Dying Girl ist ein originelles Coming-of-Age Drama, mit wundervoll besetzten Schauspielern, die einen zum Lachen und zum Weinen bringen. Seine Bilder und Ideen erinnern an die Filme von Michel Gondry, Wes Anderson und Jean-Pierre Jeunet.
WERTUNG: 8,0 Kinokatzenpunkte
Me Earl and the Dying Girl
Regie: Alfonso Gomez-Rejon. USA 2015. 105 Min. (Thomas Mann, Olivia Cooke, RJ Cyle)
Filmstart: 19.11.15
Spielzeiten: Am 25.11.15 um 14:00 im Cinemaxx Kiel
Marc studierte Politik, Soziologie und Medienwissenschaft in Kiel. Für den ALBRECHT schreibt er seit 2015 insbesondere für das Kulturressort und dessen Filmsparte KinoKatze.