Schwedischdozent Kalle über sich und die CAU

Um den Studierenden an der CAU Kiel und auch an anderen Universitäten Wissenschaften zu vermitteln, sind Dozierende, Professor*innen und wissenschaftliche Mitarbeiter*innen unverzichtbar. So auch Karl-Axel Daude, einer der Dozenten an der Kieler Universität, der Schwedisch lehrt. Das Wintersemester 23/24 wird sein letztes Semester an der CAU sein, doch davor konnte der ALBRECHT ihn für ein Interview gewinnen. Ich treffe mich an einem Mittwoch mit ihm in seinem Büro in der Leibnizstraße 8, Raum 212, und das Erste, was er auf den Tisch legt, sind seine eingerollten Reflektorbänder, die er sich immer um die Beine wickelt, wenn er mit dem Fahrrad zum und über den Campus fährt.  

Der ALBRECHT: Schau mal, deine Reflektorbänder. Ist das dein Markenzeichen?  

Kalle: Ja genau! Ich fahre eigentlich immer mit dem Fahrrad zur Uni und auch überall anders hin. Viele Leute wissen gar nicht, dass ich ein Auto habe und wundern sich dann, wenn ich mal mit dem Auto komme. Aber früher gab es ein anderes Markenzeichen, nämlich eine blaue und eine gelbe Wäscheklammer, die ich mir beim Fahrradfahren an die Hose geklemmt habe. Wenn ich angekommen bin, habe ich sie an den Gürtel gesteckt und mir nie was dabei gedacht. Bis mich jemand in einem Kurs mal angesprochen hatte, ob ich gerade Wäsche aufgehängt hätte. Und warum sie blau und gelb sind, darüber kann man spekulieren.  

Apropos Markenzeichen – jetzt mal (fast) ganz unter uns: Woran liegt es, dass du gerne mal der letzte im Seminar bist?  

Das kommt immer auf die Situation an, aber ich gehe vielleicht flexibler als andere damit um. Andere Leute sehen nur die Stundenzahl, dass der Unterricht um 10:15 Uhr anfängt und nach 90 Minuten beendet ist. Mir ist es aber wichtig, dass ich mit den Studierenden rede und das möchte ich immer gleich nach dem Seminar erledigen, egal in welchem Sprachkurs sie sich befinden. Manchmal möchte man mit Leuten über Privates sprechen oder muss es sogar auch. Das ist mir ziemlich wichtig.  

Du kommst aus einer deutsch-schwedischen Familie, daher erübrigt sich die Frage, ob du zweisprachig aufgewachsen bist. Aber bist du in Schweden oder Deutschland geboren?  

Ich bin in Bremen geboren und auch zur Schule gegangen. Mein Vater ist Deutscher und meine Mutter ist Schwedin. Nach der Scheidung meiner Eltern bin ich mit meinem Vater in Deutschland geblieben. Insgesamt ist meine Familie aber eine große deutsch-schwedische Patchworkfamilie und wir haben bis heute ein gutes Verhältnis zueinander, was nicht selbstverständlich ist.  

Wie bist du nach Kiel beziehungsweise an die CAU gekommen?   

Ich bin durch mein Studium hergekommen. Zuerst wollte ich eigentlich Biologie studieren, aber dann habe ich so ein merkwürdiges Fach namens Nordistik in Kiel und auch in Marburg gefunden und mich um einen Studienplatz beworben. Im Endeffekt habe ich mich dann für Kiel entschieden und klopfte damals an die Tür des heutigen skandinavistischen Seminars als schüchterner Student. Die damalige Lektorin, Eva Klingberg-Merck, und ich haben uns sofort unterhalten und von da an war ich hier zu Hause und bin geblieben.  

Du bietest ziemlich schnell das ‚Du’ an. Ist es dir wichtig, dass die Studierenden dich duzen?  

Es gibt tatsächlich einige, die mich siezen, aber die haben nicht mitbekommen, dass sie mich duzen sollen. Ansonsten kommt das von meiner schwedischen Haltung, da man sich dort auch duzt. Deswegen habe ich das auch hier für die Student*innen übernommen.  

Was ist dein Lieblingsort am Campus?  

Natürlich mein Institut, das liebe ich sehr. Aber auch den botanischen Garten finde ich unheimlich schön. Es gibt einige Orte, an denen man immer wieder vorbeikommt, die man gerne mag. Zum Beispiel wenn ich mit dem Fahrrad am See langfahre, mag ich gerne auf das Wasser schauen und die Gänse mit ihren Küken beobachten. Auch wenn nicht immer alles optimal ist, gerade für Fahrradfahrende wie mich, ist der Campus trotzdem eine schöne Anlage.   

Was machst du, wenn du nicht an der Uni bist?  

Ich singe im Madrigalchor Kiel, der von Friederike Wöbcken geleitet wird. Vor langen Jahren hat sie auch die Studentenkantorei geleitet, wo ich selbst mitgesungen habe, und dort haben wir uns kennengelernt. Sie ist nicht nur eine sehr gute Freundin, sondern auch eine der besten Chorleiter*innen, die ich je getroffen habe und es macht unglaublich viel Spaß mit ihr. Gerade bereiten wir uns auf die Frühlingskonzerte vor.   

Vermisst du etwas aus Schweden, was es hier nicht gibt?   

Im Sommer fahre ich immer mit dem Auto nach Schweden, weil ich mir dort viele Sachen mit nach Deutschland nehme, die ich innerhalb eines Jahres konsumiere. Mein absoluter Lieblingsladen ist ein Gewürzladen in Stockholm. Wenn man die Tür aufmacht, strömen einem die Düfte in die Nase. Die losen Gewürze werden in kleinen Papiertüten abgewogen und wenn ich dann in Kiel angekommen bin, hat die sich mit dem Aroma vollgesogen. Die sind superfrisch. Damit koche ich dann auch gerne. Du hast ja eben gefragt, was ich noch außerhalb der Uni mache: Ich habe einen internationalen Kochclub, bestehend aus sechs Leuten, die unter anderem auch aus dem Englischen Seminar an der CAU kommen.  

Eine Internetrecherche hat ergeben, dass du mal Bücher geschrieben hast. Wie kam es dazu?  

Ich habe einen Sprachführer geschrieben, der immer noch erhältlich und sehr beliebt ist. Übersetzt habe ich jedoch eine ganze Menge. Darunter auch Kinderbücher und Bilderbücher, was sehr viel Spaß gemacht hat. Eine ehemalige Studentin kam auf mich zu und fragte, ob ich Lust dazu hätte und da ich Bücher sehr gerne mag, war es eine besonders große Freude für mich.  

Gibt es etwas, was du in deinem letzten Semester noch machen möchtest?  

Über das nächste Semester habe ich noch gar nicht nachgedacht, sondern genieße die Zeit einfach. Ich wünsche mir allerdings, dass mein*e Nachfolger*in im schwedischen Lektorat die Arbeit hier nicht nur als Job ansieht, sondern auch mit Leidenschaft bei der Sache ist. Ich finde es wichtig, auch außerhalb des Unterrichts vor Ort und ansprechbar zu sein.   

Das ist ja genau das, was bei den Studierenden auch der Fall sein sollte. Dass sie mit Leidenschaft an ihr Studium herangehen und Spaß haben.  

Aufgrund der Modulbildung durch den Bachelor und Master sehen die Studierenden ihre Module wie Fächer, durch die sie durchmüssen. Es fehlt einfach die Zeit, mehr seinen Interessen nachzugehen. Früher ging das besser. Man hat sich mit Literatur, die nicht verpflichtend war, auch mal nur aus reiner Neugier beschäftigt. Die Regelstudienzeit drängt heutzutage, schnell fertig zu werden und damals konnte man bequem etwas länger studieren und ein breiteres Wissen erlangen.  

Was ich noch zur Skandinavistik sagen wollte, ist, dass Kiel aufgrund seiner dichten Lage an Skandinavien eine ideale Uni für dieses Fach ist. Damals hieß es noch Nordistik, was den ganzen Norden besser abdeckt, wie ich finde. Es kann ein sehr lebendiges Fach sein, weil man von hier schnell dorthin kommt. Es gibt viele Möglichkeiten, dass die Uni einen dabei unterstützt, unter anderem geldlich. Ich versuche, den Leuten mitzugeben, dass sie die Nähe ausnutzen sollen, um Erfahrungen zu sammeln. Das erweitert den Horizont und man lernt möglicherweise Freunde fürs Leben kennen.  

Gibt es einen Moment, den du hier an der Uni erlebt hast, an den du dich gerne erinnerst?  

Eine Sache habe ich immer geschätzt und versucht, selbst als Lehrer weiterzugeben. Als ich an der Uni war, gab es Professor Otto Oberholzer, der die Teilnehmenden am Ende seines Kurses zu sich nach Hause eingeladen und dort ein sogenanntes ‚Postseminar’ veranstaltet hat. Was daraus bestand, dass wir unheimlich gutes Essen bekommen haben. Früher als ich nur die Anfangskurse hatte, habe ich die Teilnehmenden auch zum Kochen mit zu mir genommen. Mittlerweile sind die Kurse größer und dadurch kann ich das leider nicht mehr machen. Aber mit einem oder zwei Kursen gehe ich am Ende des Semesters ein Bier trinken, wo man sich auch mal über Dinge unterhalten kann, die nichts mit der Uni zu tun haben.   

Planst du irgendwas für deine Zukunft nach der CAU?  

Ich habe das nicht genau geplant. Dadurch, dass ich vielleicht ein wenig chaotisch bin, ist zu Hause Vieles liegengeblieben, was erledigt werden muss. Außerdem möchte ich gerne wieder mit Leuten, die man kennengelernt hat, mehr Kontakt halten und sie besuchen. Dazu gehören auch kleine Rundreisen durch Deutschland und natürlich Schweden. Ansonsten lasse ich das alles ein bisschen auf mich zukommen.  

Was möchtest du den Studierenden noch mit auf den Weg geben, sowohl fürs Leben als auch für die Uni?  

Direkt für mein Fach und eigentlich auch für alle philologischen Fächer ist es wichtig und gut, sich mit anderen Kulturen zu beschäftigen. Man lernt durch ‚Eingeborene’, andere Denkweisen und Mentalitäten kennen, die einen fachlich und als Mensch weiterbringen.   

Es gibt heutzutage viele Probleme, die sich nicht einfach mal eben so lösen lassen. Ich finde aber, dass man auch mit Kleinigkeiten Dinge bewirken kann. Zum Beispiel Fahrrad- statt Autofahren, fürs Klima. Und auch, dass man sich immer vernünftig informieren sollte und die, die es nicht tun, mitzieht, damit sie sich nicht von Internet-Algorithmen beeinflussen lassen.  

Hej då och tack så mycket för intervjun, Kalle!  

Autor*in

Lisa ist 26 Jahre alt und studiert seit dem Wintersemester 20/21 Deutsch und empirische Sprachwissenschaft auf Fachergänzung. Seit November 2021 ist sie Teil der Redaktion und des Lektoratsteams und hat im Januar 2022 die Leitung des Lektorats übernommen.

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