Mechanismen, die uns zum Alkoholkonsum leiten

Fast jeder junge Erwachsene hat schon einmal Alkohol getrunken, die meisten davon mehrmals und regelmäßig. Auch 70 Prozent der Jugendlichen haben bereits Alkohol probiert, oder sich daran betrunken. Eltern, Psychologen und verkaterte Menschen am nächsten Tag fragen sich, wie es dazu kommt, dass häufig sehr viel Alkohol in kurzer Zeit konsumiert wird. In der Forschung gilt das Trinken ab dem Konsum von vier alkoholischen Getränken bei Frauen und fünf bei Männern – eine Menge, die die meisten Jugendlichen in einen leichten bis schweren Rausch versetzt – als Rauschtrinken.

Diese Thematik erforschte die Kieler Psychologiestudentin Lena Schulz in ihrer Diplomarbeit. Ihr Fokus lag dabei auf Rauschtrinken im Jugendalter, mit dem Ziel, anhand einer Studie den Einfluss relevanter kognitiver Faktoren zu überprüfen. Für Jugendliche gilt das Persönlichkeitsmerkmal ‚Sensation Seeking‘ als besonders starker Prädiktor für Rauschtrinken. Es wird angenommen, dass Individuen mit hohen Werten auf Skalen, die ‚Sensation Seeking‘ erfassen sollen, schnell gelangweilt und bereiter zu gefährlichem Verhalten sind, großes Verlangen nach Stimulation haben und gerne neue Erfahrungen machen. Als weitere aussagekräftige Faktoren gelten die Selbstwirksamkeitserwartung bei der Ablehnung von Alkohol, also die eigene Erwartung, Alkohol in bestimmten Situationen zu widerstehen, und die sogenannte Alkoholwirkungserwartung. Letztere beschreibt die Erwartungen, die vor und durch Alkoholkonsum entstehen und diesen auch beeinflussen. Wenn beispielsweise Effekte durch Alkohol angenehm oder erwünscht sind, wie eine Enthemmung bei schüchternen Menschen, wird die Wahrscheinlichkeit des Trinkens erhöht. Außerdem ist es wahrscheinlicher, bei positiven Erwartungen auch positive Erfahrungen mit Alkohol zu machen. Diese positiven Erfahrungen verstärken und bestätigen wiederum die positiven Alkoholwirkungserwartungen, was den Alkoholkonsum erhöht.

Um Mechanismen kognitiver Faktoren, die zu Rauschtrinken führen, genauer zu untersuchen, befragte  Schulz eine Stichprobe von 4 160 Zehntklässlern aus 61 Schulen und 196 Klassen in Schleswig-Holstein und Niedersachsen. 30 Prozent dieser Schüler gaben an, sie würden mindestens einmal im Monat so viel Alkohol trinken, dass es als Rauschtrinken kategorisierbar ist. Mit Fragebögen und etablierten Skalen wurden neben dem Alkoholkonsum auch kognitive Faktoren erhoben und mittels Regressionsanalyse verknüpft. Es zeigte sich, dass die Werte der ‚Sensation Seeking‘-Skala zu einem großen Teil die Häufigkeit des Rauschtrinkens vorhersagen: Die statistisch gezeigte Vorhersagekraft von Persönlichkeitsmerkmalen auf Verhalten ist dabei natürlich nicht auf jedes Individuum mit hoher Ausprägung eines Merkmals generalisierbar. Weitere Analysen zeigen, dass dieser Effekt einerseits durch Alkoholwirkungserwartungen und andererseits durch die Selbstwirksamkeitserwartung bei der Ablehnung von Alkohol vermittelt wird. Hierdurch offenbart sich, dass die Verknüpfung eines Persönlichkeitsmerkmals und kognitiver Faktoren die Ausprägung eines Verhaltens mitbestimmen. Mit dieser Erkenntniss kann nun in zukünftigen Arbeiten weiter erforscht werden, wie diese Faktoren gebildet werden und beeinflussbar sind. Es bleibt abzuwarten, ob solche Ergebnisse zukünftig zu Präventiv- oder Interventionsmaßnahmen führen und welchen Erfolg diese hätten.

 Titelbildquelle: Czarina Alegre

Autor*in

Studiert seit 2013 Psychologie in Kiel, und frönt dem ALBRECHT seit dem Wintersemester 2014/15, von 2015 bis 2017 als Bildredakteurin und von Januar 2017 bis Januar 2018 als stellvertretende Chefredakteurin.

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