„Kiel: Ärztin schenkt Studenten ihr Wohnhaus“

Diese Schlagzeile titelte am 16. April 1981 eine Seite der BILD-Zeitung. Das war die Geburtsstunde des Studentenwohnheims Jägersberg 14. 30 Jahre lang lebten im Stifterhaus der Dr.-AugustGöttsche-Stiftung Studenten der Fachhochschule Kiel, Muthesius Kunsthochschule und ChristianAlbrechts-Universität zu Kiel, wobei letztere inzwischen den Hauptteil bilden. In dieser Zeit hat sich nicht viel an dem Haus geändert, weswegen eine E-Mail, die im November 2013 an alle Mieter verschickt wurde, überraschte. Denn in dieser erklärte das Studentenwerk Schleswig-Holstein plötzlich die geplante Schließung des Jägersbergs und forderte im Zuge dessen auch den Auszug aller Bewohner bis zum September 2014, obwohl einige Mietverträge bis 2016 galten. Gründe wurden damals nicht genannt. Aus Unverständnis über die Situation wollten sich die Studenten damit nicht abfinden und so begann eine regelmäßige Auseinandersetzung mit den Verantwortlichen von Studentenwerk Schleswig-Holstein und der Fachhochschule Kiel.

Im Zuge dessen wurden viele öffentliche Aktionen durchgeführt, die laut den Bewohnern des Jägersbergs gezeigt hätten, dass sowohl die Nachbarschaft als auch die breite Öffentlichkeit dem Erhalt des Wohnheims positiv gegenüberstände. Denn Hauptargumente der FH und des Studentenwerks waren vor allem eine angeblich große Sanierungsbedürftigkeit und Brandgefahr des Gebäudes (DER ALBRECHT berichtete im Oktober 2014).

Inzwischen leben nur noch sechs Bewohner im Haus, acht Zimmer stehen leer, sechs davon hätten laut Studentenwerk einen nicht ausreichenden Brandschutz, da Fluchtwege fehlen würden. Diese leerstehenden Zimmer wären nach Meinung der Jägerberger sofort bewohnbar. Dies erscheint ihnen gerade aufgrund von aktueller Wohnungsnot für Studenten und Flüchtlinge unverständlich. Paradox: Die Zimmer seien durch den Hausmeister mit neuen Sicherheitsschlössern verriegelt worden und würden durch ihn einmal die Woche gelüftet, damit es dort nicht schimmele. Sogar die Feuermelder seien aus den unbewohnten Zimmern entfernt worden. Alles aus Angst, die Räume könnten besetzt werden, mutmaßen die Bewohner. Das Thema Brandschutz polarisiert. Bis heute gäbe es kein vorgelegtes Gutachten durch den Vermieter. Und Vorschläge der Bewohner, sich an den Kosten zu beteiligen, würden nicht gewürdigt werden. Auch die laut Studentenwerk als sicher eingestuften Zimmer sind unbewohnt. Für die Jägersberger nicht nachvollziehbar. Sie rechnen vor: So bekäme das Studentenwerk seit zwei Jahren weniger als die Hälfte der möglichen Miteinnahmen und mache Verluste. Allein von einem Jahr fehlender Einnahmen hätte sich die Brandschutzaufrüstung bezahlen lassen. „Einfach nur, um uns ausbluten zu lassen“, kommentiert Insa (20) dieses Vorgehen.

Die Deadline zum Auszug der letzten Bewohner bis 2016 steht noch im Raum, aber bisher gibt es weder eine Räumungsklage noch einen Verkauf des Hauses. Trotzdem werde das Gespräch mit dem Studentenwerk und der FH immer schwieriger. Das Thema Jägersberg 14 scheint inzwischen ein rotes Tuch für die Verantwortlichen zu sein. Entgegen dem Kommentar Susann Schraders, Geschäftsführerin des Studentenwerks SH, gegenüber der SHZ, in den nächsten Monaten eine Lösung suchen zu wollen, empfinden die Bewohner die Gesprächskultur als einseitig. „Wir haben im mer wieder das Gespräch gesucht, aber es scheint: Je länger die Sache geht und je unbequemer wir werden, desto weniger wollen Studentenwerk oder FH mit uns reden“, sagt Carina (25). Dabei würden die Verantwortlichkeiten zwischen beiden hin und her geschoben werden und es sei immer noch unklar, wer eigentlich letztendlich das Sagen habe.

In diesem Jahr hat sich an der Situation nicht viel verändert, das bringt die Jägersberger aber nicht dazu, aufzugeben. Sie versuchen weiter, auf sich aufmerksam zu machen, empfinden weitere Aktionen trotz allem als sinnvoll. So sei besonders der Druck der Öffentlichkeit ihre stärkste Waffe und es gäbe noch immer viele Kieler, die die Problematik nicht kennen würden. Zuletzt war das Wohnheim auch beim Urban Gardening-Projekt der Muthesius Kunsthochschule vertreten, wo ein Zeitstrahl über die bisherigen Entwicklungen im Kampf um den Erhalt des Jägersberg vorgestellt wurde. Dieser ist auch unter facebook.com/jaegersberg14/ verfügbar. Das Ende von Zeitstrahls und Wohnheims bleibt dabei weiterhin offen.

Autor*in

Lena war von 2014 bis Februar 2017 Teil der Redaktion. Von Juni 2014 bis Februar 2017 war sie die stellvertretende Chefredakteurin des ALBRECHT und somit zuständig für Finanzen und Anzeigen.

Share.
Leave A Reply