Falschinformationen werden nicht einfach durch ihre Widerlegung entkräftigt
Nach den Anschlägen am 11. September 2001 wurden in den USA von der Regierung und den Medien Falschinformationen verbreitet. Unter Anderem veröffentlichte der ehemalige Außenminister Colin Powell gefälschte Beweise für die Existenz von Massenvernichtungswaffen im Irak. Obwohl diese bereits im Januar 2003 nachhaltig widerlegt wurden, gaben noch neun Monate später bei einer amerikaweiten Erhebung 24 Prozent der Befragten an, Amerika hätte Massenvernichtungswaffen im Irak gefunden. Ein Einfluss der Art und Häufigkeit von Mediennutzung konnte nicht festgestellt werden.
Dieses extreme Beispiel von Falschinformation zeigt, dass die bloße Korrektur oft nicht ausreicht. Bei dem Versuch, diese zu entkräften, kann sie sogar verstärkt werden. Letzteres wird als Backfire-Effekt bezeichnet. Dieser kann einerseits über Vertrautheit und andererseits über Komplexität Informationen verstärken, die zu korrigieren versucht werden. Wird durch mehrmaliges Wiederholen der Falschinformation im Rahmen der Korrektur die falsche Version immer vertrauter, kann sie sich im Verlauf einiger Tage oder Wochen, als angenommene Wahrheit festsetzen. Genauso kann eine übermäßiger Häufung oder Komplexität von Argumenten zur Korrektur einer Information nur schwer verarbeitet werden, weshalb oft die simple Falschinformation präferiert wird. Auch wenn eine Falschinformation besonders plausibel erscheint und keine alternative und plausiblere Erklärung vorliegt, wird eine Korrektur wahrscheinlich erinnert, die Falschinformation aber dennoch für Kausalanalysen genutzt.
Ein besonders erfolgreicher Gegner der Informationskorrektur ist die Weltanschauung. Die Akzeptanz der Nicht-Existenz von Massenvernichtungswaffen im Irak erschütterte die US-Amerikaner dadurch, dass sie auch die Rechtfertigung der dortigen amerikanischen Invasion hinterfragte. Bedroht nämlich die Widerlegung einer Information die eigene Weltanschauung, so kann es passieren, dass Menschen aus Selbstschutz umso stärker an Falschinformationen festhalten. Dieser Effekt wird durch soziale Medien sogar noch verstärkt. Denn dort werden Informationen selektiert und auf den Konsumenten zugeschnitten, sodass die Meinungen, die ihn erreichen, homogener werden. So wird die eigene Meinung und Weltanschauung weiter bestätigt, verfestigt und dadurch auch resistenter gegen Veränderung.
Falschinformationen sind also durch Backfire-Effekte schwer zu korrigieren. Leichter wird dies mit simplen, alternativen Erklärungen, die sich auf richtige Fakten statt auf der Wiederlegung der falschen Fakten fokussieren. So kann die Lücke, welche die Korrektur der Falschinformation zurücklässt, direkt effektiv gefüllt werden. Dabei sollte auch Dramatisierung, wie sie aktuell beispielsweise im Umgang mit Fake News von Donald Trump stattfindet, vermieden werden. Besonders gut wirken außerdem Grafiken, die reale Tatsachen verdeutlichen und ohne große Erklärung falsche Fakten widerlegen. Im Umgang mit sozialen Medien sollte man sich allerdings nicht nur auf die rechtzeitige Enttarnung von Falschinformationen verlassen, sondern auch selbst durch kritischen Umgang mit Aussagen, Fakten und Quellen den Einfluss von Falschinformationen limitieren.
Studiert seit 2013 Psychologie in Kiel, und frönt dem ALBRECHT seit dem Wintersemester 2014/15, von 2015 bis 2017 als Bildredakteurin und von Januar 2017 bis Januar 2018 als stellvertretende Chefredakteurin.