Dänemark will Schmuck und Geldbeträge von Flüchtlingen konfiszieren, um ihre Unterkunft zu bezahlen

Dass Dänemark Flüchtlingen nicht besonders positiv gegenübersteht, ist spätestens seit diesem Sommer bekannt, als tausende von Flüchtlingen auf Autobahnen durch das Land zogen, um bis nach Schweden zu gelangen oder in Dänemark zu bleiben. Aufsehen erregte damals ein Mann, der von einer Autobahnbrücke aus die Vertriebenen bespuckte. Doch nicht nur die Bevölkerung steht mehrheitlich ablehnend den Geflüchteten gegenüber. Auch die Regierung hat die Gesetze und Regelungen gegenüber Geflüchteten verschärft. So sollen ab dem 1. Januar wieder Grenzkontrollen eingeführt werden. Eine weitere Regelung, die demnächst im Parlament verabschiedet werden soll, sieht vor, dass Geflüchtete für ihre Unterbringung selbst aufkommen müssen. Dafür sollen sie unter anderem Bargeld oder ihre persönlichen Wertgegenstände, wie etwa Schmuck, abgeben. Das berichten dänische Medien wie die Zeitung Berlingske oder der öffentlich-rechtliche Sender Danmarks Radio. Die Gegenstände sollen durch die Polizei beschlagnahmt werden, die sogar Taschen der Asylsuchenden durchsuchen dürfen.

Der Gesetzesentwurf hat in Dänemark und weit darüber hinaus hohe Wellen geschlagen. Der Vorsitzende der grünen Partei Alternative, Uffe Elbæk, sagte im kanadischen Radio: „Ich finde es empörend und ich fühle mich schlecht als Däne und fühle mich schlecht wegen der dänischen Gesellschaft.“ Er fügte hinzu, dass es sich um eine abscheuliche Politik der Regierung handele. Aber nicht nur in Kanada und Dänemark, sondern auch in den USA hat das dänische Gesetzesvorhaben für Empörung gesorgt. Der Bericht über die Beschlagnahmung von Schmuck der Geflüchteten ist der meistgelesene Auslands-Artikel auf der Homepage der Washington Post. Das britische Onlinemagazin The Daily Beast hat den Gesetzesvorschlag mit der Praktik der Nationalsozialisten verglichen, die Juden und anderen Deportierten in den Konzentrations- und Vernichtungslagern ihre Wertgegenstände abnahmen. Auch andere Journalisten oder Politiker äußern sich auf Twitter ebenfalls ähnlich und ziehen diesen Vergleich.

Die Ministerin, die hinter diesem Gesetzesentwurf steht, ist die Ministerin für Ausländer- und Integrationsangelegenheiten: Inger Støjberg von der rechtsliberalen Partei Venstre. Støjberg ist bekannt für ihre harte Linie in der Integrations- und Asylpolitik. So hat ihr Ministerium Annoncen in libanesischen Zeitungen schalten lassen, welche auf Arabisch darüber aufklären, dass Dänemark die Leistungen für Asylsuchende drastisch gekürzt hat. Doch trotz der heftigen Kritik verteidigt Støjberg ihr Vorhaben. Auf Facebook schreibt sie, es gebe keinen Grund zur Kritik, da man sich in Dänemark selbst versorgen muss, wenn man es könne. Das gelte für alle, egal ob man sein gesamtes Leben in Dänemark verbracht hat oder neu hinzugezogen ist. Gegenüber dem TV-Sender TV2 bekräftigte Støjberg aber, dass man beispielsweise Eheringe nicht beschlagnahmen wolle. Auch die rechtspopulistische Dänische Volkspartei reagierte mit Ablehnung auf die ausländischen Berichte. Der Wortführer für Ausländerpolitik Martin Henriksen sagte, man solle sich bei der Integrationspolitik nicht danach richten, was ausländische Zeitungen schreiben, berichtet Danmarks Radio. Ministerpräsident Lars Løkke Rasmussen äußerte sich inzwischen ebenfalls zu den Berichten, die unter anderem in der Washington Post stehen. Er meint, dass die Artikel ein falsches Bild von dem Gesetzesvorschlag zeigen würden. Er hält den Gesetzesentwurf für „fair und angemessen“.

Integrationsministerin Inger Støjberg in einem Zeltlager für Geflüchtete
Integrationsministerin Inger Støjberg in einem Zeltlager für Geflüchtete. Quelle: https://www.facebook.com/IngerStojberg/

Zum Nazi-Vergleich äußerte sich auch der ehemalige dänische Oberrabbiner Bent Melchior. Er sagt, dass Dänemark selbst Mitschuld am Vergleich hätte, obgleich der Vergleich natürlich nicht haltbar sei, so Melchior. Er meint, dass die Beschlagnahmung von persönlichen Wertgegenständen ein empfindlicher Bereich ist und dass Dänemark „im Spinatbeet herum getrampelt hat“, also nicht behutsam genug mit dem Thema umgegangen ist. Das im November vorgelegte Gesetzesvorhaben soll im Januar im dänischen Parlament debattiert werden. Es ist mit einer Mehrheit für das Gesetz zu rechnen, da das bürgerliche Lager mit Venstre, Dänischer Volkspartei, Liberaler Allianz und der Konservativen Volkspartei, aber auch die oppositionellen Sozialdemokraten ihre Zustimmung zugesichert haben.

Autor*in

Rune ist 21 und studiert seit 2013 an der CAU Politikwissenschaft und Skandinavistik. Seit 2014 ist er beim ALBRECHT dabei. Nebenbei ist er auch beim Campusradio als Nachrichtenredakteur tätig.

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