Die geplante Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes
Seit 2007 regelt das Wissenschaftszeitvertragsgesetz, kurz WissZeitVG, die Befristung von Arbeitsverträgen von Wissenschaftler*innen an staatlichen Hochschulen und Forschungseinrichtungen. 84 Prozent der wissenschaftlichen Mitarbeitenden waren 2020 mit einer durchschnittlichen Vertragslaufzeit von 18 Monaten befristet beschäftigt . Im März 2024 hat sich die Bundesregierung auf eine Reform des WissZeitVG geeinigt, aber die lässt zu wünschen übrig.
Die Gesetzeslage
Laut WissZeitVG können Forschende 12 Jahre lang befristete Verträge erhalten. Das soll in der Theorie eine dauerhafte Befristung verhindern und durch die ständige Rotation mehr Menschen die Chance geben, eine Postdoktoranden-Stelle zu erhalten. An die maximal sechsjährige Promotion schließen sechs Jahre Qualifizierungsphase an. In dieser Zeit sollen die nötigen Kompetenzen für eine Daueranstellung, also eine Professur, erworben werden. Sollten die Beschäftigten dann aber keine entfristete Professur erhalten, verlieren sie die Möglichkeit, in der Wissenschaft tätig zu sein und werden entlassen.
Ich bin Hanna
2021 wurde die Debatte um das WissZeitVG als Reaktion auf ein Video vom Bundesministerium für Bildung und Forschung das erste Mal laut. In diesem war eine animierte Wissenschaftlerin namens Hanna, natürlich im Laborkittel und mit Brille, zu sehen, die fröhlich erklärte, dass die Fluktuation der Mitarbeitenden durch befristete Arbeitsverträge Innovation in der Wissenschaft fördern würde. Daraufhin beschwerten sich zahlreiche Promovierende und Post-Docs in den sozialen Medien unter dem Hashtag #IchBinHanna und verwiesen auf ihre realen, zum Teil prekären, Arbeitsumstände. Durch die befristeten Verträge ist eine Karriereplanung kaum möglich, von einer Familiengründung ganz abzusehen. Ständige Umzüge sind normal und werden erwartet. Dazu kommt der Druck, den sechsmonatigen Arbeitsvertrag durch möglichst gute Leistungen eventuell zu verlängern und die ständige Angst vor der Arbeitslosigkeit. Neben der Belastung für die Arbeitnehmer*innen geht durch die Zeitverträge und den ständigen Wechsel wertvolles Wissen von Mitarbeitenden verloren, welches für die Forschung essenziell ist.
Was bringt die Reform?
Die Reform des WissZeitVG sieht vor, die Befristung der Post-Doc-Phase nach der Promotion von sechs auf vier Jahre zu verringern. Weitere zwei Jahre sollen nur noch gewährt werden, wenn eine Zusage für eine Anschlussanstellung vorliegt (für die die Hochschule aber auch das Geld haben muss). Das soll die Planbarkeit verbessern. In der Realität erhöht das den Druck auf Wissenschaftler*innen, in noch kürzerer Zeit zu publizieren und mehr Professor*innen-Stellen sind dabei nicht in Aussicht.
Hannas Zukunft
Diese unattraktiven Arbeitsbedingungen werden dazu führen, dass immer mehr Wissenschaftler*innen sich dafür entscheiden, im Ausland zu forschen oder die Wissenschaft für eine sicherere Stelle in der Wirtschaft zu verlassen. Hochqualifizierte Menschen gehen der Forschung dadurch verloren. Deutschland braucht innovative Kräfte und es sollte dringend eine Novelle des WissZeitVG auf den Weg gebracht werden, die sie unterstützt, statt sie zu verprellen.
Melina studiert Biologie und ist seit Juni 2020 Redakteurin beim Albrecht. Sie schreibt vor allem für das Ressort Hochschule.