Nur wenige Studenten genießen den Luxus des eigenen Autos. Dabei könnte so mancher Student ein Auto gut gebrauchen. Der eine zum Pendeln zwischen Universitätsstadt und Heimatort, der andere um die angesammelten Bierkästen wegzubringen, wieder ein anderer für den Umzug. Dabei stehen so viele Autos einfach herum und werden von ihren Besitzern nur selten bewegt. Das tut auch dem Auto nicht gut, denn ein Auto braucht Bewegung. Warum soll man also sein Auto nicht einfach verleihen? An jemanden, der gerade ein Auto braucht und selber keines hat? Das hilft nicht nur demjenigen, der es ausleiht, sondern ist für den Verleiher noch ein angenehmer Nebenverdienst.

Genau das dachten auch Michael Minis, Andreas Krüger, Justus Lauten und Markus Harmsen. Sie sind die Erfinder der Internetplattform „take my car“, kurz „tamyca“. Tamyca ist die erste und größte Internetplattform für privates Carsharing in Deutschland. Im Vergleich zu dem herkömmlichen Carsharing ist das Angebot von tamyca wesentlich billiger. Eine Anmeldung ist kostenlos und es müssen auch keine Vermittlungs- oder Beitragsgebühren bezahlt werden. Erst wenn man sich tatsächlich ein Auto leiht, fallen auch Kosten an. Pro Tag kostet die Versicherungsgebühr 7,50 Euro. Diese geht an tamyca. Die „tamyca- Gebühr“. Diese Gebühr muss direkt nach Vereinbarung über das Ausleihen eines Autos an tamyca überwiesen werden. Damit sind der Fahrer und der Verleiher versichert. Das Kleinunternehmen hat einen Rahmenvertrag mit der Württembergischen Versicherung für den Fall, dass während der Überlassung ein Schaden am ausgeliehenen PKW oder bei anderen Verkehrsteilnehmern entsteht. Der Versicherungsschutz beginnt mit Antritt der Fahrt und endet bei Beendigung. Je Schadensereignis beträgt die Selbstbeteiligung 450 Euro.

Die Kosten für das jeweilige Fahrzeug legt derjenige fest, der das Auto verleiht. Problematisch ist allerdings, dass ein Auto auch ein Verschleißgegenstand ist. Was ist also, wenn etwas kaputt ist oder etwas nicht mehr funktioniert, obwohl es keinen Unfall gab? „Dafür haben wir unabhängige Gutachter, die sich dem Problem annehmen. Bis jetzt ist so etwas aber noch nicht vorgekommen“, sagt Minis.

Der VW-Bus ist das am häufigsten verliehene Auto. Foto: pixelio.

In Kiel gibt es bis jetzt vier Autos und knapp 50 registrierte Nutzer. Florian vermietet seinen blauen VW T4 für 50 Euro pro Tag und 250 Euro pro Woche. Anne* hatte sich diesen Sommer sein Auto geliehen und sagt: „Der Bus ist der Hammer, super schön und liebevoll ausgebaut und er hat uns über unsere lange Norwegentour hervorragende Dienste geleistet.“ Die meisten Kommentare auf der tamyca-Plattform lesen sich so. Jette studiert in Kiel und ist bis jetzt noch nicht bei tamyca registriert. Trotzdem sagt sie: „Ich würde mein Auto verleihen. Sicherlich bleibt die Frage, wie sich das mit der Versicherung hält und was passiert, wenn man geblitzt wird. Aber wenn man fremden Menschen per Couchsurfing sein Sofa zur Verfügung stellt, kann man das auch ruhig mit dem Auto machen.“

Das scheinen noch mehr Menschen so zu sehen: Insgesamt zählt tamyca 1700 registrierte Fahrzeuge und 7000 Nutzer. „Und jeden Tag melden sich neue Nutzer an“, sagt Michael Minis, der Geschäftsführer von tamyca. „Unsere Erwartungen wurden von Anfang an übertroffen“, sagt Minis weiter. Er und seine Freunde seien nicht davon ausgegangen, dass sie auf so positive Resonanz stoßen würden.

Mit ihrer Idee legten die vier Studenten aus Aachen den Grundstein für das private Carsharing in Deutschland. Und sie scheinen den Zeitgeist getroffen zu haben. Mittlerweile haben andere nachgezogen und ebenfalls Internetplattformen für privates Carsharing eingerichtet. „Insgesamt geht es nicht nur um die effiziente Nutzung der vorhandenen Fahrzeuge innerhalb der tamyca- Community, sondern auch um die Umwelt“, so Minis. Klar ist: Die bereits vorhandenen Fahrzeuge innerhalb der Gesellschaft werden durch privates Carsharing besser genutzt. In Zukunft braucht man als Student also gar kein eigenes Auto mehr, man leiht sich einfach eins.

*Name von der Redaktion geändert

Autor*in

Alexa war bis 2012 als Chefredakteurin des Albrechts zuständig. In ihren Artikeln befasste sie sich vor allem mit gesellschaftlichen Themen.

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2 Kommentare

  1. Privates Carsharing finde ich eine sehr gute Idee und offensichtlich scheint es auch in Deutschland immer beliebter zu werden. Seit einiger Zeit gibt es neben Tamyca auch drei andere deutsche Anbieter, von denen ich rent’n’roll am besten kenne. Eventuell steht bereits ein fünfter in den Startlöcher.
    Carsharing ist meines Erachtens ein Beispiel für den globalen Trend der Collaborative Consumption, d.h. Güter und Dienstleistungen werden nicht mehr exzessiv individuell konsumiert, sondern gemeinschaftlich genutzt. Macht wahrscheinlich auch Sinn in Zeiten von Klimawandel, Finanzkrise, etc…

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